Im ersten Moment war ich ziemlich sauer über diese Meldung. Hier in Oberusel wird gerade das Quartier Neumühle gebaut. Und ich habe Auskunft von einem Experten, daß das ein Überflutungsgebiet ist. Aber das Bild auf deren Webseite ist ja auch schon eindeutig.
Warum sollen also alle Oberurseler Hausbesitzer, die nicht direkt am Urselbach wohnen, für die Leute mit haften, die sich in so einem Gebiet Häuser oder Wohnungen kaufen?
Ähnliches gibt es auch in Fischbach, dem Heimatdorf meiner Frau. Die Häuser 18* und 20* sind vor ein paar Jahren direkt an den Bach gebaut worden. Das Gelände steigt dort - im Gegensatz zum Baugebiet in Oberursel - relativ stark an. Doch zumindest die unteren Häuser gehen bei extremen Starkregen „den Bach runter“.
Also: Warum sollen wir alle (zumindest wir Hausbesitzer alle) für die Leute haften, die an Bächen und Flüssen bauen?
Übrigens als Vermieter ist man vermutlich fein raus:
Nach § 2 Nr. 13 BetrKV (-früher: Nr. 13 Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 Zweite Berechnungsverordnung- ) sind unter dem Begriff Betriebskosten ausdrücklich auch die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherungen des Vermieters für das Mietobjekt erfasst.
Namentlich aufgezählt werden dabei
die Kosten der Versicherung des Gebäudes gegen Feuer-, Sturm-, Wasser- sowie sonstige Elementarschäden (neu in § 2 BetrKV),
die Kosten der Glasversicherung,
die Kosten der Versicherung des Öltanks und des Aufzugs
D.h. diese neue Versicherung kommt dann halt auf die Mietnebenkosten mit drauf. D.h. auch alle Mieter zahlen für die schönen Häuser am Bach mit.
Die entscheidende Frage ist natürlich, wie wird diese Pflichtversicherung gestaffelt!
Weil du das schon heute tust. Zumindest bei größeren Überflutungen gibt es in der Regel staatliche Hilfen, die du mit deinen Steuern mitbezahlst. Genau das dürfte auch der Hintergrund für dieses von Fachleuten schon lange geforderte Gesetzt sein.
Bei einer Elementarversicherung gibt es dagegen Risikoklassen, wer in einem gefährdeten Gebiet wohnt, zahlt mehr.
Wenn es Siedlungen wie die im Ahrtal betrifft, die dort vermutlich schon sehr lange standen, sehe ich ein, dass der Staat einspringt. Aber in obigem Beispiel, wenn in potenziellen Überflutungszonen gebaut wird, hört meine Solidarität auf.
Nun, es bleibt abzuwarten, wie groß die Unterschiede zwischen Haus am Bach und Haus auf dem Hügel sein werden.
Die Pflegeversicherung hat auch mal klein angefangen. Und jetzt reicht das Geld hinten und vorne nicht mehr.
Ja, deswegen individuelle Pflichtversicherung mit Risikoklassen.
Ist ja auch quasi staatlich mit einkommensabhängigen Tarifen. Elementarversicherungen dagegen sind rein privat, mit der KfZ-Haftpflicht vergleichbar. Da sorgt der Wettbewerb für enorme Tarifspreizungen.
Es ist nicht so, dass Du nur die Schäden solidarisch über Steuern oder die Versicherungsprämien solidarisch über eine Mischkalkulation der Versicherer mitfinanzierst - all die Leute, die sonst die Wohnungsnot und weitere soziale Schräglagen weiter verteifen würden, wenn es diese Solidarität nicht gäbe, und die ebenfalls gegebenenfalls Unsummen ans Steuergeldern verschlingen könnten, müssten auf andere Weise (solidarisch?!) unterstützt werden.
Natürlich git es, 2 Dinge abzuwägen
was ist (langfristig für alle?!) billiger
wie weit muss/soll die Solidarität überhaupt gehen, und was muss der einzelne als Risiko allein tragen?
Im Falle der besagten Versicherung gibt es Überlegungen, dies über eine Solidarmaßnahme (Versicherung) abzusichern.
Wenn Du das verneinst, interessiert mich, wie Du diese beiden Punkte in diesem Fall bewertest?
@WitzelJo
„?“
Was passiert, wenn wir alle potentiellen Überflutungsgebiete für Neubebauung sperren? Dann könnten z.B. in Hamburg keine neuen Häuser mehr gebaut werden, da mit dem zu erwartenden Meeresspiegelanstieg in Kombination mit zunehmenden Starkregenereignissen die Überflutungen dort deutlich zunehmen werden - gleiches gilt für den Fall, dass wir denn dort neu hinzuziehenden/-bauenden die Versicherung unbezahlbar machen - natürlich gilt nach Deiner Vorstellung ab sofort, dass es keine staatlichen Unterstützungen mehr gibt, denn wer in so einer Risikoregion jetzt noch baut, wäre selbst schuld - was passiert also bei der nächsten Überflutung von Hamburg und Umgebung (auch, wenn es noch 50 Jahre dauert)?
Sollen wir die staatliche Hilfe von der Größe der Kommune abhängig machen? Kann eigentlich nicht sein.
Oder bekommen nur diejenigen Hamburger, die vor 2025 schon gebaut haben, Unterstützung - und die anderen (vielleicht 500.000), die in den nächsten 30 Jahren neu bauen, nicht.
Deine Überlegung mag kurzfristig nachvollziehbar sein - bei den zu erwartenden langfristigen Veränderungen greift das nicht, oder zu kurz…
Das wäre gesamtwirtschaftlich gesehen doch das einzig sinnvolle. Dort artenreiche Überflutungsauen anlegen. Für das Bauen gibt es in der BRD genügend besser geeignete Grundstücke.
Leider macht der Marktmechanismus gefährdete Grundstücke besonders günstig, und wenn dann noch das Risiko auf die Gemeinschaft abgewälzt wird, noch besser für den Bauherrn oder die Baufrau.
Bei uns in der Stadt gibt es eine Bauordnung, dass neu errichtete Häuser im hundertjährigen Hochwassergebiet auf Stelzen gebaut werden müssen. Nicht nur deshalb, weil sie dann nicht so leicht überflutet werden können, sondern auch, damit die Fläche unter ihnen als Retentionsfläche zur Verfügung steht.
Das Haus sieht so aus, dass sich die Grundplatte gut 1 m über dem Erdboden befindet, und dass es dann natürlich auch keinen Keller hat. Es ist aus Holz gebaut.
Der Wasserstand des hundertjährigen Hochwassers für diese Stelle wäre dann in etwa so hoch, das hat ein von der Stadt beauftragtes Planungsbüro berechnet.
So ein reißendes Hochwasser wie an der Ahr würde es dort nicht geben, weil es sich um ein sehr breites Überschwemmungsgebiet in einer Aue der Leine handelt.
Bisher ist es nur ein Haus in einem lange bestehenden Baugebiet. Ich vermute, dass die Bauherren das so machen mussten, weil sie das alte Haus dort komplett abgerissen haben. Wenn man die Grundmauern beim Abriss stehen lässt, muss man das vermutlich wegen des Bestandschutzes nicht so machen, und ich vermute, dass das einige Nachbarn, die neu gebaut haben, dann lieber das gemacht haben.
Das letzte große Hochwasser soll dort in den 40er Jahren gewesen sein.
Neue Baugebiete werden dort nicht erschlossen, wo das hundertjährige Hochwasser hin kommen könnte.
Äh, wie bitte? Der Mehrseespiegelanstieg braucht mehrere hundert Jahre. Und enge Täler oder starke Gefälle sind mir in Hamburg nicht bekannt. Also: gewagte These dieses Beispiel.
Davon abgesehen: Ja, es gibt jetzt schon viele Baugebiete, in denen nicht hätte gebaut werden sollen. Eine Pflichtversicherung kaschiert das Problem nur.
Aber vielleicht sind die Prämien ja entsprechend gestaffelt. Dann würde das zumindest deutlicher.
Wenn es soweit ist, wird es keine Staatlichen HIlfen mehr geben. Und bis dahin dient diese Pflichtversicherung nur der Kaschierung der Probleme: „Seht her! Wir haben alles im Griff“
Das ist richtig - allerdings stellt sich die Frage, ob dass dann bedeutet, dass wir 150 Jahre also weiterhin kontinuierlich Bestände aufbauen sollten, die dann umso teurer werden - Du hast selbst gesagt, dass man eher in Gebieten, in denen absehbar ein Risiko besteht, nicht weiter zur Bebauung frei gegeben werden sollte - für den Naturwissenschaftler ist aber absehbar - im Gegensatz zum Politiker - auch mal 150 Jahre - das ist das Gedankenspiel mit „was passiert, wenn wir morgen komplett den CO2-Ausstoß einstellen - Antwort: die Meeresspiegel steigen trotzdem in den nächsten Hundert Jahren deutlich an“ - wenn wir also den langfristigen Prognosen der Naturwissenschaft heute schon folgen wolle , müssen wir jetzt die entsprechenden Vorkehrungen treffen für die nächsten 150 Jahre treffen (um nicht in die kurzfristigen Fallen der Politik zu stolpern.
Denn sonst haben wir das Problem, die Frage zu beantworten, wie lange wir den Zuzug (und damit all die besagten langfristigen Probleme, die dadurch langsam aufgebaut werden), gestatten wollen?
Immer erst so lange warten, bis es richtig akut wird? Das ist nun mal nicht nachhaltig.
Wenn in den nächsten 100 Jahren sich irgend was „unerwartet“ ändert, kann man das jederzeit anpassen - aber vorausschauend bedeutet nun mal, sehr frühzeitig auf rel. eindeutige Signale zu reagieren - auch, wenn die Prognose 100 Jahre in der Zukunft liegt.
Wo grenzt Du also vorausschauendes Handeln von kurzfristiger Politik ab?
Zur Klimaanpassung wurde ja von der letzten Bundesregierung schon ein erster zaghafter Schritt gewagt. Ob die neue Regierung das weiter führt?
Hier könnt ihr das Thema „vorausschauendes Handeln“ weiter diskutieren:
Wieseo kaschieren? Wir können allein aus eigener Kraft den Klimawandel nicht stoppen. Die internationale Lage lässt das schlimmste befürchten. Als müssen wir alles tun, um die Probleme, die Folgen des Klimawandels zu mitigieren.
Ein vernünftiger Umgang mit der Hochwasserproblematik gehört unbedingt dazu und ist kein Kaschieren.
Das beste wäre es, genügend Bebauungsflächen außerhalb der gefährdeten Zonen auszuweisen, zu dem gleichen Preis, wie in den Zonen. Eine Zwangsversicherung, die dann in diesen Zonen besonders teuer ist, wäre eine marktwirtschaftliche Steuerung zur Verhinderung zu vieler Bauten in Hochwassergebieten.
Ich denke mal, du kannst niemanden zwingen, eine besonders teure Versicherung abzuschließen.
Bei der Krankenversicherung ist es zwar ansatzweise Pflicht, und das ist auch gut so, aber sie ist nach Einkommen gestaffelt und wird kräftig bezuschusst.
Weil man dann das Argument: „Das ist so riskant, dass es niemand versichern will“ nicht mehr verwenden kann.
Die meisten Leute haben dort ja schon gebaut.
Das Problem ist, dass ihnen die Versicherung gekündigt wird, wenn dort einmal Hochwasser war und die Versicherung zahlen musste.
Das bedeutet dann, dass der Steuerzahler die Versicherungsbeiträge subventioniert.
Die Versicherungswirtschaft wird ja ganz sicher an dem Gesetz mitschreiben.
Es gibt da übrigens ein lustiges Video von der damaligen CDU- Ministerin Kristina Schröder zur Riesterrente, in dem sie sich mal verquatscht hat. Mal sehen, ob ich das noch finde. Ich setze mir ein Lesezeichen.