Deckungsanteil der Solarthermie im Gebäudeenergiegesetz

Vergangene Woche fragte mich ein Hauseigentümer, ob es in Ordnung geht, wenn sein Haus Sonnenkollektoren mit nur 0,03 Quadratmeter Aperturfläche je Quadratmeter Nutzfläche hat. Schließlich sieht das EEWärmeG für Häuser aus dem Baujahr 2020 eine größere Dimensionierung vor: 0,04 m² Apertur je Quadratmeter Nutzfläche.

Es geht in Ordnung, denn trotz der kleinen Kollektorfläche erreicht sein Neubau laut Energieausweis einen Deckungsanteil von 18,5 % durch die solare Strahlungsenergie, das ist mehr als die aktuell geforderten 15%.

Moment mal, warum verlangt jetzt der Entwurf für das novellierte Gebäudeenergiegesetz in §72h volle 0,07 m² Apertur je Quadratmeter Nutzfläche für weiterhin nicht mehr als 15% EE-Anteil aus Solarwärme? Hat sich die Effizienz der Gebäude etwa wieder verschlechtert?

Es ist wichtig, dass die Regelung zu Solarthermie-Hybridanlagen noch überarbeitet wird. Dazu bitte ich um weitere Praxisbeispiele, welche Anteile die Solarthermie in konkreten Projekten erreicht. Gefragt sind diese Parameter:

  • Aperturfläche (Lichteintrittsfläche) des Sonnenkollektors
  • Solar Keymark Nummer des Kollektors
  • Nutzfläche des Gebäudes laut Energieausweis
  • Nennleistung des Heizkessels
  • Anteil der Solarthermie am Wärmebedarf laut Energieausweis

Ob Daten vom eigenen Haus oder aus der Praxis als Energieberater, ich freue mich über jedes Beispiel.

Bitte als Antwort hier im Forum oder gerne als persönliche E-Mail (axel@ahornsolar.de) an mich.

Herzlichen Dank!

Sonnige Grüße

Axel

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Aus dem Bundesverband Solarwirtschaft liegt ein guter Vorschlag vor, wie der Solarthermieanteil niedrigschwellig bestimmt werden kann.

Im Kern steht diese Formel, die aus Berechnungen nach DIN V 18599 abgeleitet wurde:

mit:
K: Solaranteil
GTY Feld (50 °C): jährlicher Kollektorertrag nach Solar Keymark Datenblatt
Q outg: jährlicher Wärmebedarf des Gebäudes

Dieser bereits im Mai 2023 dem BMWK zur Kenntnis gegebene Ansatz hat leider im Entwurf zum GEG keine Berücksichtigung gefunden, weil es unmögich ist, eine solche mathematische Formel als Gesetzestext zu formulieren. Stattdessen hat das BMWK in Abhängigkeit von der Gebäudenutzfläche eine reichlich bemessene Mindestaperturfläche festgesetzt, die für eine pauschale Anerkennung von 15% Solarthermie-Anteil und eine Absenkung des Pflichtanteils grüner Gase am verbleibenden Gasverbrauch von 65 auf 60% gut sein soll. Den Originaltext habe ich unten angehängt.

Ausführliche Berechnungen nach DIN V 18599 zeigen, dass Wohngebäude aus den 1970er tatsächlich einen so hohen Wärmebedarf für die Raumheizung haben, dass selbst 14 m² Sonnenkollektorfläche (für 200 m² Gebäudenutzfläche) gerade mal 15 Prozent des gesamten Wärmebedarfs abdecken. Dagegen ist bei Wohngebäuden, die vor 20 Jahren gebaut wurden, der Heizwärmebedarf schon so weit reduziert, dass laut EEWärmeG von 2009 nicht 0,07 m² Kollektoraperturfläche je Quadratmeter Gebäudenutzfläche (GEG-Entwurf), sondern nur 0,04 m² Apertur erforderlich sind, um 15% EE-Anteil aus Solarthermie zu erhalten (EEWärmeG 2009).

Der Ansatz des BSW ist also zielführend, nicht die Gebäudenutzfläche, sondern den Nutzenergiebedarf des Gebäudes und die Flächeneffizienz des Sonnenkollektors als Bezug zu wählen. Die gesetzliche Anforderung sollte daher so formuliert werden:

(3 neu) Der Anteil der Nutzung von solarer Strahlungsenergie mittels solarthermischer Anlagen in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung ergibt sich aus dem jährlichen Kollektorertrag (GTY, nach Solar Keymark für den Standort Würzburg bei 50 °C oder nachgewiesen durch Wärmemengenzähler) der am Gebäude betriebenen Kollektorfläche im Verhältnis zum jährlichen Nutzwärmebedarf (Q outg) des Gebäudes.

(4 neu) Die zu erreichenden Mindestwerte der Kilowattstunden des jährlichen Kollektorertrags je Kilowattstunde des Nutzwärmebedarfs gelten gestaffelt für pauschal anerkannte EE-Anteile aus Solarthermie und sind mit der Pflicht verbunden, die ergänzend aus Biomasse-, Gas oder Flüssigbrennstofffeuerung bereitgestellte Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate mit einem jeweils genannten prozentualen Anteil zu erzeugen. Die Werte sind der Tabelle in der Anlage zu entnehmen.

Anlage (zu §71h)

Einstufung des Solarthermieanteils und damit verbundener Mindestanteil der Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate

Offensichtlich genügt ein kurzer Text mit einer einfachen Tabelle, um dem Beitrag der Solarthermie deutlich besser gerecht zu werden, als das der aktuelle Stand des GEG Entwurfs leistet. Die Fallunterscheidungen nach Gebäuden mit ein bis zwei oder mehr Wohneinheiten sowie für Vakuumröhrenkollektoren oder Flachkollektoren sind nicht mehr erforderlich (und ohnehin nicht sachdienlich).

Und wie bringen wir diese „redaktionelle Änderung“ jetzt noch ins Gesetz?

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Vielleicht ist die einfachste Art, eine entsprechende Simulation zuzulassen.

Dann zulassen, dass den Rest entsprechend mit EE abdeckt werden kann, damit man in Summe auf min. 65% kommt
Also z. B. 30% ST plus 50% EE-Gas (50% von 70% = 35%) macht in Summe 65%.

Davon müsste man den Normenausschuss überzeugen, der die DIN V 18599 herausgibt. Darin wird aktuell die Simulation als Nachweis des Deckungsanteils für die meisten Solarthermieanlagen ausgeschlossen.

Es wäre auch egal, ob die Berechnung nach DIN V 18599 oder Computersimulation erstellt wird, weil so oder so ein gelisteter Energieberater einzuschalten wäre. Das erhöht die Schwelle, die einem Solarthermieprojekt entgegensteht. Daher ist es gut, dasss der BSW jetzt ein Tabellenverfahren vorschlägt. das auf dem jährlichen Kollektoretrag (nach Solar Keymark) und dem Wärmebedarf des Gebäudes basiert.

In der grafischen Darstellung sieht das dann so aus:

Vorschlag GEG 71h

Wieso?
Die Regierung kann das beschließen und fertig.
Man könnte die entsprechenden Programme ja zertifizieren. Sind eh nur eine Hand voll.

Warum das? kann ein Heizungsbauer genauso gut.
Das könnten die Hersteller bzw. Vertriebswege auch als Serviceleistung anbieten.

Wenn dann noch die Simulation zur Auslegung herangezogen wird, passt es erst recht.

Du überschätzt die Kompetenz unserer Bundestagsabgeordneten, so einen Sachverhalt nachvollziehen und als sinnvoll beschließen zu können. Das schreibe ich nach jahrelanger Erfahrung mit dem Versuch, dieses Anliegen den Abgeordnetenbüros der Grünen nahezubringen. Na ja, vielleicht war es auch einfach die Unlust, sich mit etwas anderem als Ökostrom und Wärmepumpe zu befassen.

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Die Onlineausgabe des TGA Fachplaner meldet:
Ampel: Bundestag soll Heizungs­gesetz am 8. Sept. beschließen

In dem Artikel sind die Bechlussempfehlungen der Fachausschüsse verlinkt. Die Bundestagsdrucksache 20/7619 gibt den aktuellen Stand des Gesetzentwurfs wieder.

Der zentrale Paragraph zum künftigen Einsatz von wenigstens 65% Erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung ist §71, der so formuliert ist:

§ 71
Anforderungen an eine Heizungsanlage
(1) Eine Heizungsanlage darf zum Zweck
der Inbetriebnahme in einem Gebäude nur einge-
baut oder aufgestellt werden, wenn sie mindestens
65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten
Wärme mit erneuerbaren Energien oder unver-
meidbarer Abwärme nach Maßgabe der Absätze 4
bis 6 sowie der §§ 71b bis 71h erzeugt.

Die Maßgabe aus §71h für Solarthermie-Hybridheizungen in Kombination mit Heizkesseln steht so im Gesetzentwurf:

(4) Im Fall einer Solarthermie-Hybrid-
heizung nach Absatz 2 muss bei der Biomasse-,
Gas- oder Flüssigbrennstofffeuerung ein An-
teil von mindestens 60 Prozent der aus der Bi-
omasse-, Gas- oder Flüssigbrennstofffeuerung
bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder
grünem oder blauem Wasserstoff einschließ-
lich daraus hergestellter Derivate erzeugt wer-
den.

Bedeutet das nun, dass unabhängig von dem tatsächlichen (nach DIN V 18599 bilanzierten) Anteil der Solarthermie am Wärmebedarf des Gebäudes für eine Solarthermie-Hybridheizung mit z. B. Gasbrennwertkessel dennoch zwingend der Anteil von Brennstoff aus erneuerbaren Quellen bei wenigstens 60% liegen muss? Auch wenn das eine deutliche Übererfüllung des 65% EE-Ziels bedeutet? Diese Frage geht eher an diejenigen mit juristischer Ausbildung, nicht an die Techniker: Wie bindend ist der Begriff „nach Maßgabe“?

Die gehen wohl einfach von einer ST-Deckungsrate von ca. 20% aus.
Die Frage die sich mir stellt, ist, wie ist den Hybridanlage definiert?
Ist eine ST die nur WW macht auch schon Hybrid?

Ist den die unsägliche komplett Umstellung aus Wasserstoff in Gasnetz vom Tisch?
Wenn die weg ist, sind die 60% etwas, was der Gaswirtschaft ggf. eine Option öffnet.

Das mit dem blauen Wasserstoff halte ich für Unsinn. Wenn schon nur grüner Wasserstoff.