Die Probleme des CO2-Zertifikatehandels

EInspruch. Der CO2-Preis ist ein sehr gutes Steuerungsinstrument.
Der Zertifikatehandel ist einfach nur grottig.

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Könntest Du auch so freundlich sein und Deine Aussage begründen?

Wurde im toten Forum schon ausführlich thematisiert. Hier ist ein guter Einstieg:
https://discourse.netzbegruenung.de/t/co2-zertifikate-handel/31454

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Da finde ich z.B. diese Aussage von Dir:

Die Begründung ist also, dass Du den Zertifikatehandel schon immer auf dem Kieker hattest?

Weitere Begründungen finde ich da nicht, außer der wahrscheinlich sogar richtigen Aussage, dass zu viele Zertifikate ausgegeben wurden. Das spricht aber nicht gegen das Konzept an sich.

Also gut:

  • es wurden lange Zeit nicht alle CO2-Quellen erfasst. Benzin und Heizöl erst seit 2021.
  • die Zertifikate wurden massenhaft zugeteilt aka verschenkt
  • nur größere Unternehmen werden erfasst
  • es gibt keinerlei sozialen Ausgleich
  • die Deckelung funktioniert nicht (Horten von billigen Zertifikaten über Jahre)
  • die Zertifikate werden gerne für MwSt-Karusselgeschäfte missbraucht

All das würde bei einer CO2-Dividende vermieden.

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Danke.

All das sind keine Probleme, die dem Zertifikate-System innewohnend sind, sondern Fehler bei der Umsetzung, die sich beheben lassen.

Dafür bieten Zertifikate Vorteile gegenüber eine Steuer auf CO2:

  • Sie ermöglichen eine echte Deckelung
  • Sie ermöglichen eine flexible Steuerung das effektiven CO2 Ausstoß gemäß dem verbleibenden Budget
  • Sie wirken EU-weit, eine EU-weite Steuer erscheint mir dagegen sehr unrealistisch
  • Sie passen den CO2 Preis automatisch dem verbleibenden Budget an, eine Steuer muss auf dem Weg von Gesetzgebung oder Verordnung bürokratisch angepasst werden.
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Teilweise. Die EU hat das (absichtlich) versaubeutelt. Das war imho von Anfang an ein verkapptes „Weiter so!“. Aber nehmen wir mal an, die EU würde alle Fehler korrigieren. Dann bleiben folgende inhärenten riesigen Probleme:

  • eine Teilnahme von KMU am Zertifikatehandel wäre viel zu kompliziert.
  • bei einem normalen Markt führt ein steigender Preis zu einer Ausweitung des Angebots, was den Preis in vernüftigen Grenzen hält. Ist das Angebot gedeckelt, führt der Preiskampf um die letzten Zertifikate ganz schnell zu astronomischen Preisen.
  • die politisch festgelegte Höhe des Deckels ist unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung. In einer Rezession gibt es zu viele Zertifikate, in einer kräftigen Erholung zu wenig, was die Erholung bremst. Das können wir derzeit so gar nicht gebrauchen.
  • die Handelbarkeit der Zertifikate hat unangenehme Begleiterscheinungen wie Spekulation und z.B. besagte MwSt-Karussellgeschäfte.

Wieso? Mehrere EU-Staaten haben längst eine CO2-Abgabe und wir haben auch die MwSt in der ganzen EU. Mit Ausgleich der unterschiedlichen Sätze an der Grenze.

Wenn Du damit das CO2-Budget (gem. FFF?) meinst, stellt sich die Frage:
Was machen wir eigentlich, wenn dieses Budget aufgebraucht ist? Unsere Wirtschaftstätigkeit einstellen?

Das sollte für die kleinere Unternehmen überhaupt nicht notwendig sein. Es reicht doch, wenn die Lieferanten der fossilen Energie die Zertifikate erwerben.

Steigende Zertifikatpreise führen zu einer Ausweitung der EE und damit zur Erhöhung des Angebots an CO2-freier Energie. Das ist genau der gewünschte Effekt.

Die Menge der Zertifikate orientiert sich an den Klimazielen, nicht an der wirtschaftlichen Entwicklung. Die in einer Rezension eingesparten Zertifikate können im nächsten Boom verfeuert werden, ohne die Ziel zu gefährden.

Spekulation ist legitim und führt oft zu gewünschten Effekten. Sie schafft Unternehmen Planbarkeit und schafft Anreize zum CO2-Sparen. MwST-Karusselle sind kriminell und können durch Datenaustausch zwischen den Staaten relativ leicht unterbunden werde.Wie viele derartige Betrugsfälle gab es bisher?

Dann müssen wir uns ehrlich machen, uns eingestehen, dass wir die gesteckten Ziele nicht erreicht haben und mehr Zertifikate ausgeben. Die Idee ist aber gerade, dass die Knappheit an Zertifikaten schon davor den Verbrauch fossiler Energieträger so unwirtschaftlich macht, dass mehr EE ausgebaut werden.

Das schöne an diesen CO2-Zertfikaten ist ihr Potential, den Ausbau von EE enorm zu beschleunigen, mit marktwirtschaftlichen Mechanismen, ohne oder zusätzlich zu staatlicher Planung.

Nein, es gibt zahlreiche industrielle Prozesse, die CO2 oder andere THG erzeugen.

Nö. Der Ausbau der EE ist doch nicht durch den CO2-Preis limitiert, sondern durch Bürokratie etc.

Richtig, aber was machen wir bei einem Boom ohne vorherige Rezession in gleicher Höhe? Abwürgen!

Das ist zumindest teilweise richtig. Darfste aber den meisten Grünen nicht erzählen :wink:

Theoretisch ja. hat man aber auch nach jahrelangen Versuchen immer noch nicht geschafft.

Ca. 14-15 Mrd € jährlich (nicht nur mit Zertifikaten, aber alles was leicht und wertvoll ist).

Das gilt für Zertifikate und CO2-Dividende gleichermaßen, ist also kein Argument pro Zertifikate.

Du meinst wohl die stofflich, nicht energetisch bedingte Erzeugung von CO2, z.B. bei Zement und Stahl. Das sind dann meistens keine ganz kleinen Unternehmen, denen man ohne Probleme den Erwerb von Zertfikaten zumuten kann. Das geht über die Börse übrigens sehr einfach.

Natürlich hängt der Ausbau auch vom Energiepreis ab. Natürlich hindern Bürokratie und Gesetze an vielen Stellen. Das werden aber weder CO2-Zertifikate noch CO2-Abgaben ändern, dass muss die Legislative und Exekutive ändern. Und vielleicht kann sich Last Generation mal bei den Bürgerinitiativen festkleben, die sich gegen Windräder formieren. :wink:

Wenn Du wegen einem Wirtschaftsboom die Energieziele verfehlen willst, solltest Du das vielen Grünen auch nicht erzählen. Manche wollen das ganze Problem durch Verzicht lösen (ich übertreibe).

Dass die Einhaltung der Klimaziele wirtschaftliche Auswirkungen hat, ist ja unbestritten. Das würde eben gerade durch den Zertifikatmechnismus sehr transparent gemacht. Der ganz wichtige Punkt ist: Wir können uns Wirtschaftswachstum nur leisten, wenn es klima-neutral ist. Ja, zur Not muss Wachstum bei uns abgewürgt werden, oder wir wachsen eben in die EE hinein. Die notwendige Transformation löst übrigens auch Wachstum aus.

Ich habe noch von keinem einzigen Betrugsfall mit CO2-Zertifikaten gehört. Das heißt natürlich nicht, dass es das nicht gibt. Aber der bloße Verdacht ist ein schwaches Argument. Und wie gesagt, wenn das überhand nimmt, muss es durch Datenaustausch unterbunden werden. Das ist sicher nicht das große Problem auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Eben nicht. Bei Zertifikaten ist die Preisanpassung ein marktwirtschaftlicher Automatismus, bei einer Steuer erfordert es langwierige Gesetzgebung und EU-weite Abstimmung.

Nun, eine Tonne CO2 kostet ehrlicherweise mindestens 180 Euro. D.h. das Kilo 18 Cent. Ich glaube 1 kWh Kohlestrom verursacht ein gutes kg CO2, müsste also knapp 20 Cent kosten.

Solange Braunkohle im Netz ist und die 180 Euro pro Tonne (oder des Zertifikatspreises) auf die Energie aufgeschlagen werden, können nach dem Marktgesetzen auch die Erneuerbaren den Preis von knapp 20 Cent zzgl. Gestehungskosten für den EE Strom abzüglich eigene Emissionen abrufen.

Da lohnt sich der Bau von EE dann dermaßen, dass da ganz viele darauf einsteigen.

Nö, CO2 der Atmosphäre dauerhaft entziehen und sich das zertifizieren lassen. Bei hohen Preien lohnt sich auch das. Ich war gerade auf einer Fachtagung Pflanzenkohle, da wurde das auch erörtert.

Die 180 Euro sind ohnehin tief gefasst, laut UBA:

Das Umweltbundesamt (⁠UBA⁠) empfiehlt für im Jahr 2021 emittierte Treibhausgase einen Kostensatz von 201 Euro2021 pro Tonne Kohlendioxid (t CO2) zu verwenden (1% Zeitpräferenzrate). Bei einer Gleichgewichtung klimawandelverursachter Wohlfahrtseinbußen heutiger und zukünftiger Generationen (0% Zeitpräferenzrate) ergibt sich ein Kostensatz von 698 Euro2021 pro Tonne Kohlendioxid. Dabei bezeichnet Euro2021 jeweils die Kaufkraft des Euro im Jahr 2021).

Quelle: Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen | Umweltbundesamt

Man kann jetzt natürlich argumentieren, dass der Preis die Wirtschaft abwürgt. Aber das sind ja keine Fantasiezahlen, wenn wir CO2 emtittieren werden wir den Preis zahlen müssen, jetzt oder später mit Zinseszinsen. Und später wird das die Wirtschaft noch mehr belasten.

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Das ist nach meinem Kenntnisstand technisch leider noch kaum möglich, jedenfalls nicht in dem Maßstab, der einen signifikanten Beitrag leisten könnte. Bzw. extrem teuer und energieintensiv.

Wenn Du da andere Infos hast, bitte teilen.

Wie gesagt, ich komme gerade von einer Fachtagung über Pflanzenkohle.

Da wird mittels Pyrolyse aus Biomasse Kohle hergestellt, die dann in die Erde eingebracht wird. Dort bleibt das CO2 nicht nur gespeichert, sondern hilft weiteren Humus aufzubauen, erhöht die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens, was zu ein wenig mehr Resilienz des Pflanzenbaus in Trockenphasen führt und stabilisiert den Boden. Die Emissionen von Lachgas und Nitrat wird vermindert.

Das ganze ist ein exothermer Prozess, d.h. man kann mit der Abwärme auch Fernwärmenetze speisen, genau deswegen habe ich mit einer Firma diskutiert.

Also:

  • mehr Resilienz und Speichervermögen des Bodens was Nährstoffe und Wasser angeht wird ohnehin im Zuge der Anpassung an den Klimawandel nötig werden
  • Statt Holz für Fernwärme einfach zu verbrennen kann man es auch durch so eine Anlage schicken. Da bleibt neben der Pflanzenkohle dann auch noch Prozessgas (u.a. Wasserstoff wenn ich es richtig verstanden habe) und Pyrolyseöl übrig. Das kann man ggf. extra verwerten.

Dadurch hast Du neben der CO2 Einspeicherung auch noch weitere Benefits, die das ganze günstiger machen.

Der Haken dabei: man bräuchte um 11 t CO2 zu binden irgendwas um die ähnliche Menge Biomasse. Beim aktuelle Ausstoß geht das nicht. Es wäre aber ein Baustein unter mehreren. Zumal wir ja nicht bei 11 Tonne pro Nase stehen bleiben wollen…

Das DBFZ erstellt bezüglich überschüssiger Biomasse eine Datenbank, mit der man das Biomassepotentiel von verschiedenen Ländern abfragen kann. Aktuell nur Deutschland für 1015, aber das soll deutlich erweitert werden. Die sind gerade dabei weitere Informationen zu aquirieren, ohne die sie logischerweise keine Auskunft geben können.

https://webapp.dbfz.de/resources/?lang=de

Kostenrechnungen waren aber nicht das Thema, da ging es vor allem auf die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, es laufen zwei wenigen Jahren auch Langzeitstudien auf denen verschiedenen landwirtscahftliche Fläche mit unterschiedlicher Menge von Pflanzenkohle in Kombi mit verschiedenen Düngern bearbeitet werden.

Und wenn der CO2 Preis hoch ist, dann macht es sicher auch Sinn CO2 über Algen einzufangen und in die Pyrolyse oder in Carbon umzuwandeln.

Gerade als die Tagung verbei war kam lustigerweise ein Radiobericht auch zu dem Thema, demnach sind wir mit den CO2 Speichern da wo wir mit den EE vor 25 Jahren waren.

Ich muss aber auch sagen, dass es laut eines Wissenschaftlers sehr schwierig ist, den Kohlenstoffgehalts des Bodens zu messen. Er fürchtet, dass es hier jede Menge Luftnummern gibt und im übrigens emittieren die Böden vor allem im Osten Deutschlands eher CO2 als sie einlagern. Der Prozess müsste erst mal gestoppt werden.

Aber: Die Speicherung als Kohle ist möglich und man kann ja Pyrolysekohle die z.B. aus Essensresten oder andern Stoffen die nicht für Pflanzenkohle auf den Feldern geeignet ist (weil da Dioxion enthalteb sein kann (wegen dem Chlor im Salz)) in Asphalt oder Beton einarbeiten. Das wäre definitiv messbar. Und zudem gibt es ja die Düngeverordnungen, die nur Pflanzenkohle aus Holz auf den Feldern zulassen und das auch nur nach einer Konformitätserklärung. D.h. alles wäre für die Felder gar nicht geeignet.

Danke für die Info.

Leider bestätigt sich, dass CCS zwar prinzipiell möglich, aber sehr teuer und aufwändig ist. Es ist nach jetzigem Stand der Technik in den meisten Sektoren einfacher und billiger CO2 gar nicht erst zu erzeugen.

Trotzdem muss an den Konzepten weiter geforscht werden, da es Bereiche gibt, in denen sich CO2 nicht vermeiden lässt. Und vielleicht kommt ja noch der große Durchbruch.

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Das auf alle Fälle. Allerdings sind für den 1,5 Pfad zwingend Maßnahmen zur CO2 Entnahme vorgesehen, neben den Reduktionen.

D.h. wir dürfen dies nicht ignorieren. Und wie einer der Profs der FH Weihenstephan gestern sagte: Landwirtschaft gänzlich ohne Emission von Treibhausgasen geht nicht. Alleine dafür brauchen wir schon solche Maßnahmen wenn wir bei Netto null sein müssen.

Wenn das in irgend einer Weise umgesetzt würde, wird fossile Energie so teuer, das wir wieder die Diskussion um Entlastungen haben. (Für Jahre brauchen wir leider noch fossile Energien).
Genau so ist es ja auch im Moment. Strom- und Gas-Preisdeckel, Hilfe für Öl- und Pellet-Heizungen.
CO2-Abgabe ausgesetzt.
Wir drehen uns im Kreis, weil Politiker aus Angst vor dem Wähler Zumutungen scheuen, weil der Wähler Zumutungen ja auch abstraft.

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Wir gesagt, das sind ja keine Fantasiezahlen sondern echte Schäden.

Wir werden den Preis später noch viel schwerer zahlen können.

Hier würde ich mir politisch mehr Offenheit wünschen um mit dem Thema in die Offensive zu gehen. Lasst uns das thematisieren bevor es die anderen Parteien das Thema negativ besetzen.

Und selbst bei einem realistischen CO2 Preis, der als hoch empfunden wird. Es gäbe ja immer noch die gleichmäßge Rückzahlung an die Bevölkerung, da dürfte es auch einige Gewinner geben.

Ich weiß. Dabei muss ich an diesen Cartoon denken:

Nicht nur deshalb halten viele Experten das 1,5° Ziel inzwischen für unrealistisch.

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Ich glaube, der beste Weg ist, das schrittweise (mit schnellen und großen Schritten) umzusetzen: Maßvolle Erhöhungen und den dadurch induzierten EE-Ausbau politisch ermöglichen, d.h. gesetzlich-regulatorischen Hindernisse aus dem Weg räumen. Damit hat der Verbraucher die Möglichkeiten den Härten auszuweichen, wo das nicht geht, gezielte Förderung der Schwachen. Das ist jetzt ganz grob gesprochen.

So sehr ich für eine wissenschaftsbasierte Poltitk bin. Ich würde dennoch weiter an 1,5 Grad festhalten.

Warum? Weil man die Weichen zum Reißen des Ziels ja schon im Vorraus reißt und man erst später die Folgen spürt. Und wenn wir jetzt das 2 Grad Ziel offiziell machen, dann haben wir wieder gefühlt ewig Zeit und schieben wieder bis es wieder heißt, ups, geht nicht mehr und so weiter.

Meine Befürchtung ist auch, wenn wir jetzt sagen das 1,5 Grad Ziel ist gescheitert - dann geht es an den Stammtischen los nach dem Motto… ist ja gar nicht so schlimm wir leben ja noch alle.

Von daher macht es Sinn, das Ziel trotzdem mit aller Ernsthaftigkeit anzupeilen. Es macht Sinn im Sinne der Generationengerechtigkeit, aber auch wirtschaftlich. So etwas wie Investitionen in Klimaschutz die verloren sind, gibt er meiner Meinung nach in der aktuellen Lage nicht.

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