Oder zerbricht dann die Gesellschaft?
Nö, hat hier offenbar noch niemand. Dann machen wir es doch einfach mal. Vielleicht werden wie so endlich mal diese unsäglich naive Verzichtsdebatte los.
0,75 Erden einsparen bedeutet ~43% Senkung. Da wir das garantiert nicht in allen Sektoren schaffen, nehmen wir mal 50 % als Zielvorgabe. Wenn die 1,75 aus dem earth overshoot day stammen, geht es ausschließlich um natürliche Ressourcen, also Wälder, Felder plus Erdöl. Genauer gesagt, um THG.
Ich nehme hier mal CO2, da habe ich die Zahlen im Kopf. Sind zwar schon etwas älter, aber deswegen nicht grundfalsch.
1. Stromerzeugung (25 %)
Der Strom wird zu 75 % von Industrie und Gewerbe verbraucht, 25 % von Privathaushalten.
1.1. Privathaushalte (25 %)
In einem nicht optimierten Haushalt lassen sich leicht 20-30 % Strom einsparen, aber 50 %?
In einem bereits optimierten Haushalt sind die großen Brocken Waschmaschine, Geschirrspüler, Kühlgeräte. Wird Warmwasser über Elt erzeugt, ist das der größte Posten. Was tun? Kalt duschen? Ich kann das, aber meine Frau würde mich erwürgen.
1.2. Industrie und Gewerbe (75 % des Stroms)
Ökonomisch umsetzbare Potentiale sind hier längst weitestgehend ausgereizt. Da können wir uns auf die Kostenrechner in den Unternehmen ganz gut verlassen.
Bleibt also, die Produktion zu halbieren. Das betrifft dann aber ALLES: Maschinenbau (Export), Zement und Baustahl (Brückensanierung), Möbel, Medikamente, Frisör bis hin zu Lebensmitteln.
Wir könnten die fehlenden Produkte importieren, aber das würde die zugehörigen CO2-Emissionen nur ins Ausland verlagern.
Außerdem sind dann 50 % der Jobs in diesem Bereich weg. Oder die MA arbeiten alle nur noch halbtags fürs halbe Geld, was natürlich nicht so effizient ist. Beide Varianten würden unser SV-System zum Einsturz bringen.
2. Industrie und Gewerbe (22 % des CO2s)
Hierunter fällt hauptsächlich der Erdgasverbrauch und diverse technische und chemische Prozesse wie die Zementherstellung. Da wir die Produktion aber schon wegen Strommangels halbiert haben, sind wir fein raus.
3 Verkehr (18 %)
Davon
3.1. Straßenverkehr (13-14%)
3.1.1. Lkw(33%)
Lkw fahren fast ausschließlich für Industrie und Gewerbe. Das halbiert sich also automatisch mit (s.o.)
3.1.2. Pkw(66%)
Betrachten wir nur den Berufsverkehr:
Fuß- und Radverkehr kommen auf ~3 %, ÖPNV und Bahn auf ~20 %, der Rest ist MIV. Würde man die Hälfte des MIV (38%) auf den ÖPNV verlagern, wäre das eine Verdreifachung. Mehr als eine Verdopplung ist aber im innerstädtischen Bereich nachweislich nicht drin.
Aber dank der Halbierung der Industrieproduktion reduziert sich natürlich auch der Berufsverkehr deutlich (nicht um 50%!).
3.2. Fliegerei (3-4%)
Hier gibt es ja Vorschläge, das Fliegen komplett zu verbieten, weil unnötig. Dazu sage ich nichts ohne meinen Anwalt.
3.3. Bahn, Schiffahrt
Vernachlässigbar.
4. Gebäude (8 %)
Das meint in erster Linie Heizung von Wohn- und Gewerbeimmobilien plus etwas Klimaanlage im Sommer. Wie gut das mit den Einsparungen hier funktioniert, üben wir ja gerade dank Putin. Von 50 % sind wir aber noch sehr weit entfernt.
5. Landwirtschaft (8 %)
Ich kenne zwar mehrere Techniken, wie man dort in Teilbereichen sogar weit mehr als 50 % THG einsparen kann, aber das fällt unter ‚Umstellung‘, nicht unter Verzicht.
Bleibt also nur die berüchtigte FDH-Diät.
6. Sonstiges (immerhin 19%)
Das UBA erläutert nicht, wie sich das aufdröselt. Es fällt aber die Forstwirtschaft darunter. Hier kommt es für die Emissionen stark darauf an, was mit dem geschlagenen Holz geschieht: Pellets, Möbel oder Dachbalken?
7. Fazit
Die alles entscheidende Frage scheint also zu sein, wie unsere Gesellschaft mit 50 % der Wirtschaftsleistung noch funktionieren soll. Ich sehe da pechschwarz.
Einzelpersonen können natürlich mit 50 % ihres Konsums auskommen (oder müssen das, z.B. bei Arbeitslosigkeit). Aber eine ganze Gesellschaft kann das nicht.