Vielleicht kein diskussionswürdiges Thema, aber eines, das ich gerne teile. Als Bsp. dafür, wie Nicht-Nachhaltigkeit auch verstanden werden kann, sehr typisch, wie ich meine: Man baut Brücken, die auf den ersten Blick preiswert erscheinen, auf lange Sicht aber teurer werden, ganz zu schweigen von der Beeinträchtigungen für den Verkehr, sprich: volkswirtschaftlichen Schaden.
und bei einer Brückenbesichtigung in Spanien. Es handelte sich um eine alte Stahlbrücke, über 100 Jahre alt. Und den Hinweis darauf, wie stabil und „pflegeleicht“ doch Stahlbrücken seien. Dieses Argument ist mir bereits bei der Golden-Gate-Bridge in SF untergekommen: Man amüsiere sich über die ständigen Anstricharbeiten, übersehe aber, wie - verhältnismäßig - gering der Erhaltungsaufwand für diese und ähnliche Brücken sei.
Ernten wir also jetzt die „Früchte“ einer Saat, die mit unüberlegtem Brückenbau, durch Bevorzugung von (Stahl-)Beton ausgelegt wurde? Zu einer Zeit, in der man noch gar nicht so richtig wusste, ob und wie lange eine Betonbrücke den Anforderungen würde standhalten können?
Weiß jemand etwas über den ökologischen Fußabdruck von Beton- gegenüber Stahlbrücken?
Wie bei den meisten Projekten oder zumindest sehr vielen, wird nicht das umgesetzt, was sinnvoll oder/und nachhaltig ist, sondern das, was die beste Lobby hat. Es gibt halt eine sehr gute Betonlobby und die hat kein Interesse an Stahl- oder auch Holzbrücken.
Ich bin jetzt kein Experte, aber ein seit vielen Jahren am Thema Interessierter. Im besonderen interessieren mich Eisenbahnbrücken.
Vor über 100 Jahren wurden Brücken und andere Konstruktionen (z.B. der Eiffelturm, Bahnhofshallen) erbaut, welche noch heute einwandfrei funktionieren.
Mit aus heutiger Sicht einfachen Werkzeugen und minderwertigerem Stahl wurden Bauwerke hergerichtet, die noch heute statischen Ansprüchen gerecht werden. Mit vergleichsweise geringen Pflege- und Reparaturaufwand und -kosten halten sie Ewigkeiten.
Mit aktuellen Hilfsmitteln wie Kränen, Gerüstbau und Transportmitteln, moderner Stahlherstellung und Ingenieurs-Erkenntnissen dieser dutzenden Jahrzehnte, könnte man heute quasi unendlich lang haltende Brücken und auch noch günstiger bauen - wenn man denn wollte.
Wenn dann doch mal eine Brücke aus Stahl gebaut wird (bei der Bahn recht häufig), werden aber auch hier eher Schweiss-, als Nietkonstruktionen verwendet. Der Vorteil ist weniger Manpower beim Erbauen, Nachteil ist schwierigeres Erkennen von ersten kleinen Schäden oder Verschleissspuren und daraus evtl. kostenintensivere Reparaturen. Heisst, auch hier werden am Anfang Kosten eingespart und auf spätere Jahre verlagert.
Wenn man nicht in Generationen denkt und investiert, ist das Resultat halt „billig“. Und wir alle wissen: „Wer Billig kauft, kauft zwei Mal“.
Um also auf die gestellten Frage
zu antworten: Ja, langfristig ist Stahl besser.
Beide Herstellungsverfahren sind energie- und (noch) CO²-intensiv , sowohl die von Beton, als auch die von Stahl. Hier gegeneinander aufzurechnen käme immer auf das jeweilige Bauprojekt an. Welche Brücke, wie gross, wo muss hintransportiert werden, woher kommt der Rohstoff, etc.
Wenn man aber schon in 100 Jahren an selber Stelle 2x Beton gegen 1x Stahl und dann noch inklusive der Wartungs- und Reparaturkosten rechnet, ist Stahl klar vorne. Die Sekundärkosten sind hier noch gar nicht berücksichtigt, wie tausende Umleitungsfahrten und verschwendete Zeit über Jahre, während eines Neubaus.
Nun ja, Beton ist ein fantastischer Werkstoff, welcher durchaus seine Daseinsberechtigung hat - auch im Brückenbau.
Wenn bspw. nur mal ein Bachlauf überquert werden muss, es spezielle bautechnische Herausforderungen gibt, wie z.B. Bogenbauten, ist das o.k.
Wenn man aber schnurgerade 1,5 km über einen Fluss will, ist Beton eigtl. gaga.
Ähnlich wie bei oben gezeigter Fussgängerbrücke können auch Mischkonstruktionen sinnvoll sein. Also Fundamente und Stützen aus Beton, die Brücke aus Stahl.
Der Hauptgrund für das heutige Ungleichgewicht ist die starke Lobbyarbeit und das Unwissen der Entscheider - wie in auch vielen anderen Bereichen.
Beton nimmt im Lebenszyklus wieder CO2 aus der Umgebung auf.
Im Speziellen bei Straßenbrücken sind die Belastungen durch den Schwerverkehr und in unseren Breitengeraden auch durch Tausalz maßgeblich für die Lebensdauer. Die Carolabrücke ist eingestürzt weil der Vorspannstahl gerissen ist und auch die alte Leverkusener Brücke oder die Köhlbrandbrücke aus dem Beitrag oben (beides Stahlbrücken) waren dadurch massiv beschädigt. Der Vergleich mit der Golden-Gate-Bridge oder Exemplaren in Spanien hinkt an der Stelle, weil die wohl äußerst selten Frost und Tausalz sehen.
günstig, leicht zu verarbeiten, gut berechenbar, widerstandsfähig, sanierbar … bei maroden „Betonbrücken“ ist in den allermeisten Fällen nicht der Beton, sondern der Bewehrungsstahl marode.
Imho ist Stahlbeton ein ziemlich guter Baustoff für nachhaltige und langlebige Brücken. Spannbeton, den man in den Wirtschaftswunderjahren mal für den heiligen Gral der Brückenbaukunst hielt, hat sich mittlerweile als faules Ei erwiesen - aber da war die Materialforschung eben noch nicht so weit wie heute und auch die Verkehrsentwicklung hat alle Erwartungen in den Schatten gestellt - 1950 waren 40-Tonner, die quer durch Europa rollen noch unvorstellbar, heute sind sie Standard.
Ja, Du hast vollkommen Recht und wahrscheinlich habe ich das hier
zu wenig hervor gehoben.
Eisen und Salz vertragen sich nicht so gut. Beton und Salz aber auch nicht. Man hat nur länger Zeit, bis man reagieren muss.
Tausalz einzusetzen ist eh nicht die klügste Entscheidung. Effektiv und günstig ja, aber eben nicht klug, da es Materialien angreift und die Natur schädigt.
Das Argument welches Du jedoch auch Pro Betonbrücke anführst, dass eben der Bewährungsstahl brüchig wird, nicht der Beton, ist genau die Krux.
Man kann den schleichenden Prozess nicht oder nur schlecht und mit erheblichem technischen Aufwand durch Röntgen- und Schalluntersuchungen oder Probeentnahmen entdecken.
Bei einer reinen Stahlkonstruktion sieht man Rost erheblich einfacher und kann mit regelmässigem Pflegeaufwand diesen sogar vethindern.
Ich will Betonbrücken überhaupt nicht ihre Daseinsberechtigung absprechen und denke, dies auch in meinem obigen Post entsprechend formuliert zu haben. Aber viele Brücken machen in Beton keinen Sinn - wenn man langfristig denkt, finanziert und nachhaltig plant.
Erfahrungswerte für 100-jährige Spannbetonbrücken gibt’s noch gar nicht, btw.
Es wird daran gedacht den Stahl bei betonbauten durch Kohlefasern zu ersetzen. Viel leichter und rostet nicht.
Dann werden die karten wieder neu gemischt.
Habe mal gelesen, das Thema rostende Bewehrung liegt oft daran, dass mit zu wenig Betonauflage gearbeitet wird und dadurch der Stahl zu nahe an der Oberfläche liegt.
Danke für diesen wichtigen Hinweis! Tausalz ist in mehrerer Hinsicht bedenklich… Um die Korrosion an Brücken zu verhindern wird ja auch über Fahrbahnbeheizung nachgedacht. In Tübingen wurde eine solche Brücke vergangenes Jahr eröffnet, aber es gab schon Vorläufer.
Ich bin skeptisch, ob das nur an der Lobby liegt. Ich habe mal gelesen, dass - verschärft durch den starken Preisanstieg bei Stahl - Betonbrücken im Bau zunächst deutlich preiswerter sind bei gleicher „Leistung“. Der Kostenvorteil wird halt später aufgefressen [erinnert mich an die Entscheidung, ob man verbeamtete oder angestellte LehrerInnen einsetzt…]
Am eingangs erwähnten Bsp. der Koehlbrandbrücke wird das ja deutlich: Was, wenn eine Brücke nur 50 statt 100 Jahre hält? Das ist ja nicht nur ein Kostenfaktor von 2, sondern hinzu kommt die Beeinträchtigung durch den langwierigen Neubau. Währen dieser Zeit wird die alte Brücke noch genutzt, aber eben mit Einschränkungen. In der Tat darf man aber nicht unterschlagen, dass man seinerzeit von einer vermutlich deutlich geringeren Verkehrsbelastung ausgegangen ist.
Ja, eure Skepsis ist berechtigt.
Es ist ja auch nicht so einfach, wie es sich anhört oder ich es hier hinschrob.
Wenn man so was Grosses wie eine Brücke, einen Tunnel, einen Flughafen, einen Bahnhof oder auch eine Philharmonie bauen möchte, kommt man ja auch in die Phase des Planens und Kalkulierens. Dann kommen da die Ingenieure und Forschenden und sagen „Wir habe da was ganz neues am Start.“ Spannbeton, besseren Stahl, Kohlefaser, Chromnickelpellmessing, Kartoffelpü mit Alabaster, …
Politiker müssen dann entscheiden und knappe Kassen, die es immer gab und geben wird, haben eben Gewicht auf der Waagschale. Nebenbei gibt es die Lobbyvertretung der jeweiligen Industrie.
Ich will da gar nicht immer Vorsatz annehmen, sondern meist Vorsicht und äussere Zwänge. Ändert aber am Resultat nichts.
Nach Jahren zeigen sich dann Erfahrungen, was sich bewährt und was nicht.
Manchmal weiss man es aber schon vorher (S21 wird sowas von in die Hose gehen), aber eben nur manchmal.
Dumm ist dann jedoch, wenn man statt diese Erfahrungen zu nutzen und auf die Wissenschaft zu hören, den alten Mist wiederholt und gelegentlich sogar noch schlechter wiederholt als bei ersten Mal.
Wenn man heute Bauwerke saniert und Stahl aus Fernost besorgt, weil billiger als aus Duisburg und Arbeitskräfte aus Takatukaland statt Fachkräfte aus Kennmichausland, dann wird eben das sanierte Ding nicht wieder 50 Jahre halten, sondern nur noch 10.
Man kann heute super Spannbetonbrücken bauen - wenn man will und beste Materialien und Erkenntnisse nutzt. Dann ist die aber eben anfangs auch nicht mehr günstiger als andere Varianten.
Wenn man das mal mit China vergleicht, haben die gar nicht vor, eine Brücke für 100 Jahre zu bauen. Reicht, wenn die 30 Jahre durchhält. Dafür steht das Ding aber auch von Idee bis Eröffnung in ein bis drei Jahren.
Nur um’s klarzustellen: Ich will hier keine chinesischen Verhältnisse. Aber so eine Mittelding wäre super.
Bei kaputten Stahlbrücken kann man den Metallschrott beim Abbau wieder verwenden. Bei Betonbrücken nicht. Das ist für mich auch ein Argument für Stahlbrücken.
Und es muss oft nicht eine Brücke sein, die als Einzelstück und architektonische Glanzleistung dann noch teurer wird. Da wollen sich in den Bauämter wohl einige manchmal ein Denkmal setzen.