Die Mär vom Strommix

Dass unser deutscher Strommix noch viel Kohlestrom enthält, wird von vielen Grünen in ihrer Argumentation falsch verwendet. Insbesondere jedoch von Big Oil und Big Auto, wenn es darum geht, e-Autos schlechtzureden.

Selbstverständlich ist es richtig, dass man dem Elektron in der Steckdose nicht ansieht, wie es erzeugt wurde. Wenn man es nicht genauer weiß, ist es daher durchaus legitim, mit dem durchschnittlichen Strommix zu rechnen.

Aber wenn ich auf einer freistehenden Garage PV (plus evtl. einen Akku) installiere und damit mein e-Auto betanke, wird hoffentlich niemand auf den Gedanken kommen, dass ich auch mit etwas Kohlestrom fahre.

In Deutschland haben wir ein einheitliches Stromnetz, in das alle EVUs einspeisen und aus dem sich alle Verbraucher bedienen. Das ist aber keineswegs überall auf der Welt so. In vielen Regionen haben konkurrierende EVUs auch parallele Netze und bei einem Wechsel des EVUs muss physisch mindestens ein Kabel umgestöpselt werden.

Stellen wir uns also für einen Moment vor, das wäre auch in D so. Dann hätte ich also eine direkte Kabelverbindung zu meinen Öko-EVU (Green Planet Energy natürlich :wink: ). Würde dann jemand behaupten können, mein Auto würde mit Kohlestrom geladen? Definitiv nein.

Unser Äquivalent zu der festen Kabelverbindung ist virtueller Natur: das Abrechnungssystem. Im Gegenzug für den Strom ‚fließt‘ ja auch mein Geld an meinen Öko-EVU und eben nicht an RWE und Konsorten. Deshalb kann Green Planet Energy mit dem Gewinn weitere PV und WEA bauen, was RWE vermutlich nicht täte.

Zustimmung.
Ergänzung: Wenn jemand bei einem der alten Anbieter den Eco-Tarif wählt, der aber nur intern die Bilanz umschichtet, ist das Argument etwas schwächer. Allerdings nicht ganz ungültig, denn erstens wenn die Nachfrage nach Ökostrom den Mix des Anbieters übersteigt, muss der nachlegen, und zweitens zeigt es den Bedarf/Nachfrage, beeinflusst also den Markt und künftige Investitionen.
Außerdem ist es natürlich Quatsch, immer nur mit dem gegenwärtigen Energiemix zu argumentieren, zumal bei einer langen Lebensdauer der Anschaffung (Auto, Wärmepumpe…)

1 „Gefällt mir“

Und wenn wir schon dabei sind über Tanken mit eigener PV-Anlage zu sprechen: Den selbst erzeugten Strom, den ich im Haus nicht brauche, kann ich für 7 ct in Netz einspeisen oder in mein E-Auto.
D.h. das entspricht einem Strompreis von 7 ct zum Füllen der Batterie. Jeden Tag zur mittagszeit ein paar Stunden. Reicht für den Normalgebrauch des Autos und 100 km kosten mit dann 2 Euro 10 wenn ich „sportlich“ fahre.

Zum Vergleich der Porsche Cayenne mif Explosionsheizungsmotor:

Wurde der Porsche sportlich bewegt, stieg der Verbrauch auf 16,8 Liter. Die Kraftstoffkosten errechnen sich anhand des tagesaktuellen Kraftstoff-Preises auf unserem Partner-Portal.

Die eher heftige Gangart resultiert in einer Summe von 30,24 Euro*

1 „Gefällt mir“

Nicht so ganz, denn die Netzstabilität wird derzeit noch für alle mit fossilen Kraftwerken gesichert. Sich auf die eigene PV rausreden, aber im Notfall doch die Sicherheit des Verbundnetzes haben wollen ist nicht ganz konsequent.

Es gibt übrigens auch in Deutschland ein landesweites paralleles Stromnetz: Jenes für den Bahnstrom. Wenn man mal schaut welche Kraftwerke darin einspeisen wird das mit den 100% Ökostrom bei der Bahn schon sehr lächerlich.

Dann müsst ihr aber konsequenter Weise das Auto stehen lassen wenn die PV nicht ausreicht.
Da wird es im Winter schon übersichtlich mit dem Autofahren.
Und das mit dem „ich fahre mit PV-Strom“ stimmt auch nur, wenn der PV-Ertrag aktuell über dem Gesamtverbrauch liegt. Wenn das nicht der Fall ist, kann man sich einreden man fahre mit PV-Strom, zieht aber dann an anderer Stelle wieder Strommix aus dem Netz.

Da hat Sascha recht.

Abgesehen davon, befürworte ich E-Autos, weil sie noch viele Vorteile haben.
Aber man muss sich beim Strom schon ehrlich machen.

Dann aber bitte beim CO2-Ausstoß von Explosionsheizungsmotoren all die Umweltschäden, lecke Pipeplines, zerbrochene Tanker usw. einrechnen gelle? :slight_smile:

Nein. Ich habe (noch) keine PV auf der Garage. Aber ich habe eine direkte (virtuelle) Leitung zu meinem Öko-EVU. Wenn ich nachts aus dem Stromnetz 40 kWh entnehme, muss ebendieser EVU an der Strombörse EE-Strom kaufen und ins Netz kippen.

2 „Gefällt mir“

Genau das muss er nicht … Strom wird zwar in Echtzeit gehandelt, aber nicht getrennt nach Primärenergie. Die Herkunftsnachweise für den Strom werden davon unabhängig gehandelt und das ohne zeitlichen und örtlichen Bezug. Ich kann also problemlos 100% Solarstrom beziehen und trotzdem nachts das Licht anlassen. Die große Lüge von Ökostrom ist, dass Tranport und Speicherung als gegeben angenommen werden.

Dazu kommt, dass für fast alle Privathaushalte in Deutschland noch immer gilt, dass der EVU gar nicht mitbekommt wann wieviel Strom verbraucht wird. Zähler werden einmal jährlich abgelesen und alles dazwischen wird mit Durchschnittswerten modeliert.

Erneuerbare Energien sind für sich alleine mangels Regelleistung noch längst nicht in der Lage ein stabiles Netz zu bilden - nicht real und auch nicht virtuell.

1 „Gefällt mir“

Schade, für einen Moment hatte ich Hoffnung.

Auch auf die Gefahr hin, dass mir wieder Lobbyismus für den großen bösen Konzern vorgeworfen wird, möchte ich fairerweise anmerken, dass RWE einen nicht unerheblichen Teil Ökostrom erzeugt. Kraftwerkskapazität der RWE AG nach Energieträger 2022 | Statista

1 „Gefällt mir“

Nun dafür hätte ich gern einen Beleg von Dir! Abgesehen davon, das du vermutlich keinen Ökostromanbieter findest der nur Solarstrom anbietet: Ich bin der Überzeugung, daß die Anbieter so viel Strom einspeisen müssen, wie ihre Kunden verbrauchen, lasse mich aber durch Belege eines
besseren belehren. :slight_smile:

Danke, das war mir nicht bekannt. Aber deswegen bin ich ja bei Green Planet Energy, weil die sich verpflichtet haben - als einer der wenigen Anbieter gemäß den strengen Greenpeace-Kriterien - den Strom entlang des Tageslastgangs einzukaufen. Dann müssen sie halt zusätzlich zum Stom von der Strombörse noch einen passenden Herkunftsnachweis dazukaufen.

Dass das (noch) nicht in realtime geht, ist klar. Es fragt sich allerdings, ob eine solche Kleinteiligkeit überhaupt sinnvoll wäre.

Stichwort „optionale Kopplung“, die, wie der Name schon sagt, optional ist. Und selbst wenn die optionale Kopplung genutzt wird, ist die zeitliche Synchronität noch immer nicht zwingend gegeben. Ein Herkunftsnachweis enthält per Definition keinen Erzeugungszeitstempel.

Das ist richtig, aber dabei ist die Art des Stroms eben völlig egal. Ein EVU kann beliebigen Graustrom an der Börse das ganze Jahr über kaufen und sich im Hochsommer mit Solarstromzertifikaten eindecken. Sodann hat er formal 100% Ökostrom geliefert. Das mit den Ökostromtarifen war mal eine nette Idee, als Ökostrom noch eine Rarität war, mittlerweile gibt es soviel mehr Ökostrom als es Nachfrage dafür gibt, dass die Zertifikate/Herkunftsnachweise faktisch wertlos sind. Man sieht das auch daran, dass Ökostromtarife nicht teurer sind als andere Stromtarife. Selbst einige Grundversorger bieten ausschließlich Ökostromtarife an, weil man dort für überhaupt keinen Mehraufwand einen netten grünen Anstrich bekommen kann.

Das Regelwerk dazu ist die Stromnetzzugangsverordnung: StromNZV - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Und sie tun das vorwiegend aus österreichischen Laufwasserkraftwerken, weil die so ziemlich die einzigen Kraftwerke sind, von denen man zuverlässig Ökostrom das ganze Jahr über beziehen kann. Solange das nur ein einziger kleiner EVU macht, funktioniert das ganz gut. Ein Konzept für die breite Masse ist das aber nicht, denn Strom aus Wasserkraft ist sehr begrenzt in seiner Menge. Auch hierfür gern die Quelle: https://green-planet-energy.de/kraftwerke/lieferantenkraftwerke-oekostrom-aktiv

2 „Gefällt mir“

Ja, das ist mir bekannt. Und das sorgt dafür, dass zumindest mein e-Auto zu 100% Ökostrom tankt :slight_smile:

Völlig richtig. Dafür brauchen wir mehr Speicher. Die Frage ist, wann wir damit anfangen, wenn die Batterien doch so schnell so viel billiger werden sollen.

Hab gerade gestern ein video gesehen, dass sie in GB einen 200 MWh (Megapack) Speicher im Einsatz haben. Haben wir sowas?

Da müssten wir politisch mal ran. Ist mir etwas zuviel Greenwashing :frowning:

So ganz stimmen die 100% an deinem Elektroauto auch nicht. Denn die Verlustleistung (auf der virtuellen Leitung von Österreich bis nach Norddeutschland kommt da schon etwas zusammen) muss der Netzbetreiber bereitstellen, und da diese diskriminierungsfrei einkaufen müssen, darf die Verlustleistung nicht nur durch Ökostrom ausgeglichen werden (Quelle). Solange Du am öffentlichen Netz hängst, wird das nichts mit 100% Öko :wink:

Selbst das Umweltbundesamt gibt ganz offen zu:

Verhindern Herkunftsnachweise „Greenwashing“?
Herkunftsnachweise und ihre Nutzungsmöglichkeit können nicht verhindern, dass Elektrizitätsversorger behaupten, Ökostrom an ihre Kunden zu liefern, obwohl sie lediglich Strom aus
Atomkraft- oder Kohlekraftwerken liefern und diesen mit Hilfe von zusätzlich eingekauften
Herkunftsnachweisen als „Grünstrom“ deklarieren.

Traurig aber wahr :frowning:

2 „Gefällt mir“

Was haltet ihr hiervon?

Spannend dass da mal Zahlen genannt werden. 7 Mio € für 14 TWh Herkunftsnachweise macht 0,05 Cent/kWh. Wenn man nun bedenkt, dass ein EVU nur etwa für die Hälfte des Stroms Herkunftsnachweise kaufen muss, da die andere Hälfte ja ohnehin schon für alle EEG-Strom ist, kostet der grüne Anstrich für 100% Ökostrom noch 0,025 Cent/kWh. Bei Bruttoverbraucherpreisen von 40Cent/kWh macht dieses Ökolabel also nur etwa 0,06% der Stromkosten aus. Den Spaß gönnt man sich doch einfach mal :slight_smile:

2 „Gefällt mir“

Komme endlich mal dazu meine alten Lesezeichen abzuarbeiten :slight_smile:
Erstmal danke für die Quelle @beumersa.

Ich bin ziemlich baff:

Elektrizitätsversorgungsunternehmen können Strom und Herkunftsnachweise auch getrennt bei verschiedenen Anbietern erwerben.

Wer denkt sich sowas aus? Ich kaufe Erdbereen aus deutschem Bio-Anbau, aber die Erdbeeren sind aus Brasilien und nur der Herkunftsnachweis ist von einem deutschen Bauern? Geniale Idee.

Mit den Herkunftsnachweisen können Sie sich sicher sein: Die Strommenge aus erneuerbaren
Energien, die Ihnen Ihr Energieversorger als Ökostrom liefert, wurde tatsächlich erzeugt und
Ihnen und niemandem anderem verkauft. Bisher ließ sich nicht sicher ausschließen, dass der
Stromerzeuger durch verschiedene Zertifikate dieselbe Menge „Ökostrom“ mehrfach
vermarktet hat bzw. dieselbe Menge an Ökostrom in verschiedene Bilanzen eingeflossen ist.

Ah, jetzt verstehe ich warum es dieses Konstrukt gibt. Trotzdem seltsam, das Strom und Herkunftsnachweis vollkommen getrennt gehandelt werden.

Leider steht da nirgends explizit, das es keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Erzeugung des Ökostroms und dem Verbrauch beim Endabnehmer geben muss. Das erscheint mir jetzt
nach Lektüre der Quell allerdings logisch.

1 „Gefällt mir“

Das Stomherkunft gemogelt ist sollte in Heutigen Zeiten nicht mehr so sein, dass heißt ja, das unter Umständen Stromanbieter die kein Greenwashing berteiben wollen dazu gewungen sind weil sie diskriminierungsfrei einkaufen müssen. Für Energieformen die eigentlich sowieso abgeschafft werden sollen?

Ich bin ja eigentlich gegen Diskriminierung, aber warum ist es verboten, Klimaschädliche Stromerzeuger zu diskriminieren, zumindest dann, wenn noch genug Ökostromangebot da ist? Das verstehe ich nicht. Da bin ich auch ganz baff. wir wollen doch wegen dem drohenden Klimakollaps weg von fossiler Energie…

eigentlich traurig… das sollte geändert werden.

PS: Dein Erdbeeren- Beispiel ist toll. Und lustig, ich mag Erdbeeren :yum:

Aber Erdbeeren die nur den Deutschen Hof gesehen haben aber nicht aus Deutschladn sind wenn Deutsche Erbeeren draufsteht geht gar nicht .beim Strom sollte das auch so sein. :confused:

Die fossile Lobby will das wohl so… vermute ich mal…

Immer wieder die gleichen Verschwörungsgeschichten.

Dann hast du eben die Hälfte des Jahres keinen Strom. Willst du das?