Grundsätzliches zur Mobilität

Hier eine kurze Zusammenfassung unseres aktuellen auf Individualverkehr und Autos basierenden Verkehrssystems:

  • Bundesweit gab es am 1. Januar 2022 48,5 Millionen zugelassene Pkw [1]
  • Die monatlichen Gesamtkosten für ein Auto können stark variieren. Eine im Spiegel zitierte Studie kommt aber auf einen Durchschnitt von 425 Euro [2]

Also ergeben sich jährliche Kosten nur für die Autos unseres Verkehrssystem (ohne Straßen, Gesundheitsschäden, Verkehrsunfälle usw.) von 48.500.000 x 12 x 425 Euro = 247,350 Milliarden Euro im Jahr!

Zum Vergleich: Die gesamte Deutsche Bahn hatte 2021 47,075 Milliarden Euro Umsatz [3].

Wenn wir nur die Hälfte des Geldes das wir für Autos verschwenden in den öffentlichen Transport in Deutschland stecken würden, könnte jeder Einwohner zu jeder Tages- und Nachtzeit von jedem Ort in Deutschland zu jedem anderen transportiert werden und zwar erste Klasse. Und jede Tüte die mehr als 2 Kilo wiegt würde einem nach Hause geliefert.

Es ist zu bedenken, das wir aktuell die Milliarden für die Bahn und den ÖPNV (muss ich noch ausrechnen) ja jetzt schon zusätzlich zum Autowahnsinn ausgeben. D.h. bei 100 Milliarden pro Jahr zusätzlich für den Nah- und Fernverkehr würden die Bürger immer noch 150 Milliarden Euro sparen.

Gegenrechnung:
Wenn 60 Mio Erwachsene pro Tag 1 Stunde (bei mir wären es über 2) durch die Benutzung des ÖPNV verlieren und wir die mit 12€ Mindestlohn bewerten, kommen wir auf
60 x 12 x 365 = 256,32 Mrd volkswirtschaftlichen Schaden.

Also zunächst: Unsere Gesellschaft hat sich ab 1950 siebzig Jahre lang in die Richtung entwickelt, das man heute nichts mehr ohne privaten PKW machen kann. In Barcelona z.B. sind in der ganzen Stadt verteilt Lebensmittelläden. Niemand braucht dort zum Einkaufen ein Auto. Meine Modellrechnung soll zeigen, wie viel Geld wir allein für die Blechkisten verschwenden.

Auf dein Beispiel gibt es zwei Antworten: Ein Komplettumbau unseres Verkehrssystems geht auch damit einher, das viel Mechanismen sich umkehren. So sind viele Wohlhabende aufgrund von Autolärm und Gefährdung ihrer Kinder in die ruhigen Vorstädte gezogen. Die Häuser sind billiger und das Pendeln hat man halt in Kauf genommen. Im Gegenteil: Wer pendelt bekommt ja noch Subventionen (alias Pendlerpauschale) vom Staat, wer sich die teurere Wohnung in der Stadt kauft bekommt nix.

Zum zweiten: Ein gut funktionierendes öffentliches Verkehrssystem holt dich morgens an der Haustür ab und organisiert deine komplette Fahrt bis zur Bürotür. Ohne Parkplatzsuche und ohne Stau, da die meisten Leute in Zügen sitzen und Busse nur als Zubringer zu den Zügen agieren. Und die Züge fahren morgens im 5 Minuten Takt. Und die Abrechnung erfolgt über ein Mobilitätskonto, welches dir für alle Verbindungen den besten Preis automatisch berechnet.

Das ganze ist schneller als ein Auto mit Staus und kostet die Hälfte!

@anonymeNutzer Und für nix davon brauche ich autonom fahrende Autos :slight_smile:

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Wenn Du noch ‚schnellstmöglich‘ hinzufügst, ist das exakt mein Transportbedürfnis. Idealerweise noch ohne fremde Leute im gleichen Raum.

Jetzt habe ich Erklärungsbedarf und bin sehr gespannt.
Flugtaxi? Boring Company?

D.h. man gibt im Schnitt 5100 Euro / Jahr fürs Auto aus. Wie lange arbeitet jemand dafür der schlecht verdient, sagen wir 15 Euro / Std? 340 Stunden.
In der Zeit könnte man gute 1000 km zu Fuß gehen oder 6800 km mit dem Rad fahren. :grin:

Das mit keine fremden Leute im gleichen Raum kannst du Dir abschminken. Da musst du beim Auto bleiben. Auto werden ja nicht verboten, Sie sind nur sehr teuer.

Beispiel: Meine Heimastadt Oberursel hat 46.660 Einwohner. Bei 580 Autos auf 1000 sind das ca. 27.000 Autos die im Monat die Bürger ca. 13 Millionen Euro kosten. Leider finde ich im Moment keine Zahlen, was die Gesamtkosten eines Stadtbus im Jahr oder Monat sind. Aber ich glaube für einen Bruchteil der Summe könnten in Oberursel so viele Bus-On-Demand verkehren, das jeder Bürger jederzeit zu jeden Punkt im Stadtgebiet gebracht werden kann.

Jetzt muss ich etwas ausholen: Im Moment blockiert ein fahrender Zug zwei Gleisabschnitte. Diese Gleisabschnitte sind durch Signale begrenzt. Je nach Ausstattung der Gleise können Gleisabschnitte sehr lang sein. Der eine oder andere wird sich z.B. schon mal gewundert haben, warum eine Schranke 5 Minuten bevor der Zug kommt geschlossen wird geschlossen wird.
Mit dem neuen ETCS (Level 3) werden Züge in ganz Europa einheitlich nicht mehr jeweils zwei Gleisabschnitte blockieren, sondern die Position aller Züge ist immer bekannt und der Abstand muss nur groß genug sein, das der nachfolgende Zug eine Notbremsung machen kann (vereinfacht gesagt). Dadurch erhöht sich die Kapazität der Gleise wesentlich und es wird möglich Züge auch ohne Lokführer fahren zu lassen.

Wenn die Gleise und Züge mit ETCS Level 3 ausgerüstet sind, können z.B. wesentlich mehr Züge auf einem S-Bahn Gleis fahren. Eine Zugfolge von 5 Min wäre dann kein Problem mehr.

Das Zielbild für mich ist eine komplette Integration aller öffentlichen Verkehrsmittel, bei der nicht mehr Fahrpläne und deren Abstimmung im Vordergrund stehen, sondern die Digitale Reiseplanung für alle Bürger, die gerade im Moment von A nach B wollen. Das sind pro Tag 5-6 Millionen Reisende allein im Nahverkehr (1,9 Mrd pro Jahr). Da ist natürlich schon eine kleine Serverfarm mit beschäftigt aber im Vergleich zur Berechnung von Klimamodellen nicht wirklich Stress.

Du hast dann also eine App, der du deine Reisewünsche mitteilst (auch mit Planung für die ganze Woche oder den Monat). Alle Anschlüsse werden automatisch verwaltet und bei Problemen Alternativen berechnet. Es gibt einen Premium-Service (sagen wir 1. Klasse Plus), der dich bei kritischen Verspätungen in ein Taxi setzt und dich garantiert rechtzeitig zum Ziel bringt.

Das alles ist technisch heute schon möglich und mit der ganzen Kohle die wir für Explosionsheizungsmotorfahrzeuge verpulvern auch locker finanzierbar.

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Wie willst Du mich schneller als mit dem Auto von A-Dorf nach B-Dorf bringen?

Berlin, 70er. Im Berufsverkehr fährt die U-Bahn alle 2 min. Die Züge sind so lang wie die Stationen und sind proppenvoll. Wenige Sitzplätze auf Bänken längs, Rest Stehplätze.
Wie weit kann man das noch steigern?

Was möchtest du mir beweisen Duke? Wenn du Staubsaugervertreter bist oder Arzt, der Hausbesuche macht oder Installateur, dann wirst du vermutlich auch in der von mir beschriebenen Welt ein Auto haben. Aber dann musst du auch die tatsächlichen Gesellschaftlichen Kosten dafür zahlen (Parken, Straßen, usw.)

Doch 90% der Pendler aus meinem Heimatort wollen morgens von Oberusel nach Frankfurt und abends zurück. Und 10% vermutlich nach Bad Homburg und Abends zurück.

Man kann auch in dem von mir vorgeschlagenen Verkehrssystem von Dorf A nach Dorf B kommen. Dann bringt dich der BusOnDemand des einen Ortes bis an die Grenze zum Nachbardorf/Ort und dort steigst du in den BusOnDemand des anderen Ortes um. Vorzugsweise mit minimaler Wartezeit.

Nichts. Ich möchte darauf hinweisen, dass es außer Berufspendlern noch eine ähnlich große Gruppe gibt, die völlig andere Fahrziele haben. Dazu zählen insbesondere unsere 21 Mio Rentner.

Und wie soll das schneller als mit dem Auto sein? (das war ja Deine Behauptung)

Dann habe ich mich nicht präzise ausgedrückt. Ich bezog mich auf den Pendelverkehr. Die Aussage sollte aber auch für Reisen von Hamburg nach München oder so gelten.

Beim Nachbardorf hast du Recht, da habe ich übertrieben.

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Gilt sie. Ende der 80er habe ich Hannover-Augsburg noch in etwas über 4 h geschafft. Das ist heute dank speedlimits und steigender Verkehrsdichte nicht mehr möglich. ICE wins.
Die Fahrzeit Hannover-Gardasse hat sich von 8h in '85 auf 13h in '94 gesteigert. Und mit 3 Surfbrettern samt Zubehör war die Bahn da auch keine Option. Wäre sie auch heute nicht, weil man dort vor Ort ein Auto braucht.

Ins Nachbardorf kann ich auch radeln, wenn ich kein Sperrgepäck habe. Ich meinte eher von A-Dorf bei Hannover nach B-Dorf bei Braunschweig. Auch da ist das Auto nicht zu schlagen.

Vielleicht gibt es dort inzwischen einen Surfbrettverleih?

Und vielleicht auch einen Autoverleih?

Gab es schon damals. Aber die hatten natürlich nicht unsere maßgeschneiderten Bretter und Segel.

Das klingt nach einem Luxusproblem.

Bei mir ist es übrigens genau umgekehrt:
Wenn ich mir dort wo ich bin ohne Aufwand etwas leihen kann, um das ich mich nicht weiter kümmern muss, und dass ich dann einfach gegen etwas anderes tauschen kann, wenn es gerade nicht passt (im Fall des Surfbretts wären das zum Beispiel sich ändernde Windverhälnisse oder eigene Lernerfolge), dann würde ich das immer bevorzugen. Es ist mir nur leider zu teuer und oft nicht verfügbar.
Wenn man alles selbst hat, ist es billiger, und man ist auf der sicheren Seite, aber es ist auch nerviger.

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Der Titel dieser Diskussion ist „Grundsätzliches zur Mobilität“ - mir geht es nicht darum das in unserer heutigen Gesellschaft ein Leben ohne Auto für viele Verzicht bedeutet. Das ist offensichtlich. Unser ganzes System wurde, wenn ich mit den Autobahnen von Hitler anfange 80 Jahre lang für Autos optimiert.

Es würde Jahrzehnte dauern dies umzubauen. Der Ausgangspunkt für mich ist, daß dieses andere System billiger und bequemer wäre.

All die Transporte, die heute von den Menschen selber geleistet werden müssen, könnten wieder von Dienstleistern übernommen werden. Das schafft auch Arbeitsplätze. Getränke werden nach hause geliefert und in den Keller getragen, statt das man mit dem Auto zum Getränkemarkt fährt. Möbel werden geliefert und aufgebaut.

Und wenn ich Fahrräder oder Surfbretter mit in den Urlaub nehmen will, werden die zuhause abgeholt und an den Ferienort geliefert. Wenn der Bedarf für eine Dienstleistung da ist, gibt es auch jemand der diese anbietet.

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Früher hat man ja auch die Koffer vor dem Einsteigen in den Zug abgegeben und sie am Zielbahnhof wieder zurück erhalten. Ich erinnere mich nicht, dass da je einer verloren gegangen wäre. Trotz allen Umsteigens.

Im Prinzip ja. Sofern es genügend Kunden gibt, die diese Leistung bezahlen können, und genügend Arbeitskräfte, die das für kleines Geld machen. Wenn der Dienstleister mehr nehmen muss, als ich netto verdiene, mach ich es doch lieber selbst.

Früher gab es an jedem größeren Bahnhof Gepäckträger. Warum wohl sind die längst verschwunden?

weil man mit großem Gepäck nicht mehr Zug fahren kann.
Das benötigt eben die komplette Infrastruktur eines Gepäcktransportes, wie sie an jedem Flughafen vorhanden ist.
Es gibt Leute, die verwechseln Ursache und Wirkung.

Das ist das (noch zu erstellende Thema) „Grundsätzliches zum Steuersystem“: Arbeitszeit ist extrem teuer; BlueRay-Player aus Taiwan sind dagegen praktisch kostenlos :slight_smile:

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@Duke

Als ich damals in eine Studenten- und Berufseinsteiger-WG wohnte, hatten etwa die Hälfte von uns ein Auto - der Rest fuhr mit Öffentlichen - die Fahrzeit der Öffentlichen war etwa Faktor 2 (einfach: 1 h statt 1/2 h…
Ich habe i.d.R. die Stunde genutzt - manchmal

  • durchaus oft im Stehen -, um zu lesen, zu unterhalten, oder einfach auch nur, um „Sozialstudien“ durch Beobachten meiner Mitreisenden zu betreiben - ich wusste gar nicht, dass ich in all den Jahren der Volkswitschaft dadurch geschadet habe… und auch gar nicht, dass der Arbeitsweg überhaupt zum Lohn dazu zu rechnen ist - ich habe nur statt mehr Fernzusehen mehr gelesen… ist also die abendliche Entspannung im Zug durch lesen eine volkswirtschaftlich schlimmer ist, als früher mit dem Auto zu Hause zu sei um mehr Fernzusehen…

Wenn Du das so siehst, warum sollten wir überhaupt etwas gegen die Reichen mit ihren Privatjets uns riesigen Jachten haben - sie sind bislang ein Nischenprodukt, die zum Gesamt-CO2-Ausstoss nur wenig beitragen - und es ist einfach die beste - da massgeschneiderte - Lösung - also unbedingt positiv (für den,der sich das Leisten kann - und natürlich arbeiten wir als Gesellschaft daran,dann möglichst fast jeder in diesen Genuss von Maßanfertigung kommt - völlig unabhängig, wie es dabei um unsrere Resourcen steht…
Das klingt so, als würden wir künftigen Generationen, die mit meterhohem Meeresanstiegen, Treibhauseffekt, Massenaussterben (die auch vor den Nutztieren und -pflanzen nicht halt macht, und die unbewohnbarkeit großer Teile der terristischen Landmassen einher gehen mit dem „gelungenen Kompromiss“ zwischen uns und künftigen Generationen antworten, dass es vor allem wichtig ist, unsere für uns (und nur für uns!) massgeschneiderten Lösungen hinzubekommen - und denn Klimaschutz nur so lange zu betreiben, so lange er uns nicht bei den massgeschneidwrten Lösungnen einschränkt
Ist das wirklich Dein Ansatz? Und - wenn ja - sagst Du das auch im politischen wir privaten Raum ganz offen und ehrlich - oder habe ich da nur was nicht verstanden?

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