Die Diskussion um das 9-Euro Ticket ist für mich ein typischer Fall für ein grundsätzliches Problem unserer politischen Diskurse. Und ich meine damit Deutschland oder meinetwegen die westliche Demokratische Welt und nicht die Grünen.
Das 9-Euro Ticket ist eine heftige Subvention des öffentlichen Verkehrs. Doch warum wurde dieses Ticket eigentlich eingeführt? (Gerüchten zu folgen war der Deal: Subventionen für Autofahrer und ihr bekommt Subventionen für Nicht-Autofahrer - aber das ist ein anderes Thema).
Jetzt diskutieren wir darüber, das viele Menschen diese Subvention gut fanden und das man das gern als ständige Maßnahme hätte. Wer spart nicht gerne Geld? „Das kostet mich ja nix, wenn der Staat Geld ausgibt.“. Doch auch hier wiederum: Was ist das Ziel der Subvention? Wie lange soll es diese Subvention geben? Wird irgendwie gemessen, ob die Subvention ihren Zweck erfüllt?
Konkreter: Das große Ziel ist doch den Klimawandel zu bremsen und dafür den CO2 Ausstoß Deutschlands so schnell wie möglich zu reduzieren. Daraus abgeleitet: Gerade der Verkehrssektor erfüllt aktuell seine Ziele nicht:
Im Jahr 2019 war der Verkehrssektor für rund 164 Mio. t Treibhausgase (berechnet als CO2-Äquivalente; kurz: CO2-Äq.) verantwortlich und trug damit 20 % zu den Treibhausgasemissionen Deutschlands bei. Dieser relative Anteil ist gegenüber 1990 um sieben Prozentpunkte gestiegen. Damit ist der Verkehr der einzige Sektor, der in den vergangenen Jahrzehnten seine Treibhausgasemissionen nicht mindern konnte. Einen Einbruch bei den Emissionen brachte kurzfristig nur die Corona-Pandemie: Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sanken die Emissionen des Verkehrs in 2020 auf rund 146 Mio. t CO2-Äq. und stiegen 2021 nach vorläufigen Schätzungen des UBA wieder auf rund 148 Mio. t CO2-Äq. Damit wird das Sektorziel des Klimaschutzgesetzes nicht eingehalten.
Damit ist das konkrete Ziel: Weniger Verkehr mit Explosionsheizungsmotorfahrzeugen (alias Verbrennerautos)
Eine Subvention des Nahverkehrs wie vorgeschlagen erfüllt diese Ziel aber nur sehr ungenau:
Alle Personen die aktuell kein Auto haben, freuen sich. Das hilft aber nicht zur CO2-Reduktion
So lange der ÖPNV so schlecht aufgestellt ist wie jetzt, brauchen die Leute mit Auto weiterhin ihr Fahrzeug. Insbesondere außerhalb von großen Städten geht es nicht anders.
Wenn die Autos aber noch vor der Haustür stehen, werden Sie auch genutzt.
Wichtig ist: Ich kann mich auch irren und dieses 9-Euro Nachfolgeticket würde den CO2-Ausstoß des Verkehrs nachhaltig verringern. Aber was wenn nicht? Dann würden wir Milliarden an Subventionen ausgeben, die dann an anderer Stelle für den Wandel fehlen!
Es ist deshalb dringend erforderlich das wir nicht mehr über einzelne Maßnahmen diskutieren, sondern über Ziele und Messung der Zielerreichung!
Nein, so wie ich es verstanden habe, wurden den Verkehrsbetrieben nur die Verluste erstattet, die sie durch die Mindereinnahmen hatten. Ohne zusätzliche Mittel für die Verkehrsbetriebe. Subventioniert wurden also nur die Fahrgäste persönlich.
Die Verkehrsbetriebe hatten Ausfälle, weil sie ihre Leistungen 3 Monate lang zwangsweise verbilligt anbieten mussten, und dafür haben sie einen Ausgleich erhalten. Gebracht hat ihnen das gar nichts.
Darum geht es doch nicht: Der Staat hat eine Menge Geld ausgegeben und jetzt wird darüber diskutiert ob er noch mehr Geld ausgeben soll, ohne das eine Diskussion darüber stattfindet, was eigentlich das konkrete Ziel dieser Maßnahme ist.
Diese „Ziellosigkeit“ und der ewige Streit um die „richtige Maßnahme“ ohne die Ziele zu benennen ist ein generelles Problem unserer Politik!
Ja, das sehe ich auch so. Das kann man aber auch so schreiben, ohne den ganzen Sermon drum herum.
Die Überlegung zu 9-€-Ticket war so:
Die Verbrenner-Autofahrer*innen sollen günstigere Spritpreise haben, um sie zu entlasten.
Wenn die günstigere Spritpreise kriegen, müssen die ÖPNV-Nutzer*innen auch günstigere Tickets kriegen, um sie auch zu entlasten.
Dass dahinter die absolute Planlosigkeit und Willkür steht, darüber brauchen wir uns gar nicht mehr zu unterhalten, das müsste eigentlich allen klar sein.
Ich bin Informatiker: Entgegen der lang-läufigen Meinung ist das nicht das gleiche wie ein Programmierer. Mein Beruf ist Probleme zu analysieren und diese in konkrete Anforderungen zu übersetzen. Konkrete Anforderungen sind solche, die auch getestet werden können:
Also: „Die Lösung soll schnell sein“ ist keine konkrete Anforderung.
Aber: „Die Lösung soll innerhalb von 30 ms eine Antwort anzeigen schon“
Es ist meine Aufgabe als Informatiker,
das was der Auftraggeber wünscht in solche Anforderungen zu übersetzen,
zu Bewerten was die Umsetzung der Anforderungen ungefähr kostet
die Umsetzung dieser Anforderungen durch Programme zu steuern oder daran mitzuwirken
zu Testen, das die Anforderungen erfüllt wurden
(und zu begründen, warum das ganze teurer geworden ist als gedacht. Aber das lassen wir hier mal weg )
Ich würde mir wünschen, das ein Parlament als Auftraggeber funktioniert und nicht als Implementierer.
Denn genau das passiert im Moment: Da sitzen Haufenweise Mandatträger, die Jahre ihres Lebens damit verbracht haben an diese Stelle zu kommen, weil Sie glauben diese oder jene Lösung müsste man implementieren. Und dann streiten diese Menschen um die Lösung ohne je das Problem genau zu benennen. Und Sie freuen sich wenn ihre Lösung gewinnt (z.B. 7% Mehrwertsteuer für Hotels) und vergessen das Ganze dann.
Ich befürchte, das steht so nichtin der aktuellen „Stellenbeschreibung“ von Parlamentariern - das liegt sicher auch daran, dass die (potentiellen) Bewerber auf einen Sitz im Parlament selber gar kein allzu großes Interesse haben, sich am Eintreffen allzu gut überprüfbarer Aussagen messen lassen zu müssen - teilweise wird das auch ersxhwert dadurch, dass es Systemich z.T. zu erbgebnisoffen ist - ein Hauptteil trägt aber der Kunde (=Wähler), weil er das weder einfordert, noch die wenigen Fälle, in denen dieses Controlling wirklich möglich ist, diese Überprüfung auch durchführt, um das zu verifizieren (und gegebenenfalls den Dienstleister Partei wechselt…
Hängt es vielleicht auch mit unserem Wahlsystem zusammen? Wir wählen die Legislative aber im Wahlkampf, in der Berichterstattung und in der öffentlichen Wahrnehmung geht es eigentlich immer nur um die Exekutive. Dementsprechend präsentieren sich die Berufspolitiker eher als Umsetzer/Macher, als als Anforderer.
Derzeit ist es so, dass eine Regierung Maßnahmen umsetzen kann, weil sie die Mehrheit im Parlament hat. Eigentlich sollte es so sein, dass eine Regierung Maßnahmen umsetzen muss, weil sie vom Parlament einen Auftrag bekommen hat (bestenfalls mit einer klaren Zielvorgabe). Um dorthin zu kommen müsste man das Parlament stärken und vermutlich ein Stück weit von der Regierung entkoppeln.
Das Parlament teilweise entkoppeln? hmm das muss man aber vorsichtig machen. Richtig ist, dass Zum Beispiel die Corona gesetze einfach durchregiert wurden von der regierung, das Parlament wurde da kaum gefragt.
Allerdings würde ich nur mit einem genauen Konzept entkoppeln. Und zwar genau so, dass Gesetze vom Parlament behandelt werden müssen aber das Verfahren nicht so extrem lange dauert, ohne Sorgfalt zu verlieren.
Ein Problem des Parlamentes, dass man zuerst lösen muss, bevor man teilweise entkoppelt, ist die Tatsache dass unser Parlament viel zu groß geworden ist! Das macht es leider praktisch Entscheidungsunfähig.