Wissing unter Druck? Oder wie man die Bevölkerung aufwiegelt

Protokolle schreibt man im Allgemeinen ja nicht im Wortlaut der Diskussion mit. Mir geht es auch gar nicht um die Protokolle.

Mir reicht es schon, wenn die Leute, die das für uns Grüne verhandelt haben jetzt einfach mal widersprechen, wenn so getan wird als ob die FDP jetzt plötzlich aus heiterem Himmel die Sektorziele aufweichen wolle.

Wir brauchen andere Spitzenpolitiker*innen bei den Grünen, für die Verkehrspolitik ein wichtiges Thema ist. Falls es in abbsehbarer Zeit mal wieder Koalitionsverhandlungen geben sollte, sollten wir das Außenministerium und das Wirtschaftsministerium den Koalitionspartnern überlassen.

siehe § 35 BVerfGG
dazu ganz gut

da wäre so ähnlich theoretisch wohl möglich.
Da BVerfG ordnet an, dass der Bundestag ein Tempolimit beschliessen muss.
Oder es verhängt das Tempolimit vielleicht sogar selber, keine Ahnung, welchen Weg es gehen würde.
Aber dann würde das Gericht sozusagen unmittelbar regieren. Das kollidiert mit dem Demokratieprinzip und der Gewaltenteilung, ich glaube nicht, dass das Gericht so weit gehen würde.

Müsste das so konkret sein?

Kann das Bundesverfassungsgericht den Verkehrsminister nicht einfach dazu verurteilen, ein Sofortprogramm aufzulegen, bei dem er selbst die Maßnhmen vorschlagen kann? Eine Maßnahme (Sonntagsfahrverbote) hatte er ja schon selbst vorgeschlagen, aber das wäre ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Öffentlich erwahnt hatte er ja auch u.a. die LKW-Fahrten zu den Supermärkten, von deren Reduktion wir dann alle betroffen wären.

Dass er sich überhaupt mal öffentlich Gedanken zu dieser Thematik macht, ist immerhin schon ein Fortschritt, aber das hätte man natürlich geschickter machen können.

Dazu ist er ja schon bisher nach dem Gesetz verpflichtet. Aber das wenn er das nicht tut? Oder er tut es, und das Sofortprogramm entfaltet ungenügende oder keine Wirkung? Soll dann die BVerfG die Leitung des Ministeriums übernehmen und die Beamten direkt anweisen?

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Nein, soll es nicht.

Es könnte eventuell noch deutlicher gemacht werden, dass der Minister gegen die Auflagen des Gerichts verstößt und wir uns jetzt entscheiden müssen, ob das Klimaschutzgesetz deshalb geändert werden soll oder nicht.

Wie gesagt, die öffentliche Diskussion, die Wissing jetzt selbst angeregt hat, finde ich besser als wenn er das Gericht komplett ignoriert hätte.

Darum geht es ja gar nicht.
Das ist Umsetzung, und die hat die Politik zu machen.
Es geht bei dem ganzen Thema darum, dass Wissing ein ausreichendes Sofortprogramm auflegen muss, wie es im Gesetz festgelegt ist. Wie das aussieht ist ihm überlassen, soweit es denn schlüssig ist.
Und für die Bewertung ist m. W. der Klimarat zuständig.

wer oder was ist das?

wahrscheinlich der Wähler zuständig.

Ich würde die Politik nicht so verrechtlichen, dass man die Regierung durch das BVerfG zu konkreten Maßnahmen zwingen kann.
Mir gefällt diese Entwicklung nicht, auch nicht das Klimaurteil des BVErfG und das neueste Urteil des EGMR. Das ist undemokratisch, weil Einzelne den Staat zu Handlungen zwingen, die die Mehrheit so nicht gewählt hat.

Das ist m.E. eine gefährliche Entwicklung für die Demokratie, auch wenn das alles gut gemeint ist.
Wo soll das enden?
Was kann ich noch alles einklagen mit dem Hinweis auf meine Gesundheit und die meiner Kinder und Enkel?
Verbot des Verbrennermotors?
Tempo 10 in Innenstädten?
Verbot von Kohlekraftwerken?
Verbot von Atomkraftwerken?
Verbot der Herstellung von Plastik?
Verbot der Gentechnik?
Verbot der Corona-Impfung?
Verbot des zivilen Flugverkehrs?
Verbot von mehr als 1 oder 2 Kindern pro Elternpaar?
Verbot des Fleischessens?

Vielleicht habe ich den Begriff nicht richtig bzw. vollständig wiedergegeben.

in letzter Konsequenz schon.
Aber hier ein Satz aus dem Wiki
"
…das Gutachten berichtet, wie sich die deutschen Treibhausgasemissionen entwickelt haben und inwiefern sich die deutsche Klimapolitik eignet, die im KSG festgeschriebenen Klimaziele zu erreichen,…
"

will es ja auch nicht.
Es will nur dass das Gesetz befolgt wird. Und da steht nun mal drin, dass ein Sofortprogramm her muss um die Klimaziele zu erreichen und das der Expertenrat für Klimafragen das bewertet. Welche Maßnahmen ergriffen werden ist egal, Hauptsache sie werden als ausreichend schlüssig bewertet.

Bitte nicht verschiedene Gerichtsurteile falsch zuordnen.

Hier ein kleiner Vorgeschmack aus dem Interview mit deiner Fachkollegin Miriam Vollmer

Danke für die Quelle. Sehr interessant. Habe einiges Neues dazugelernt.
Vorläufiges Fazit: Da ist rechtlich noch vieles im Fluss. S.jetzt auch das Urteil des Europ.Gerichtshofes f. Menschenrechte vom 09.04.24, mit dem die Klage der sog.„Klimaseniorinnen“ erfolgreich war.

Die Richter kommen darin zu dem Schluss, dass die Schweiz die Menschenrechte der Seniorinnen verletze, weil sie nicht genug gegen die fortschreitende Klimaerwärmung unternommen habe. Konkret habe die Eidgenossenschaft Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt, die das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens garantiert. Die Rentnerinnen hatten in der Beschwerde ins Feld geführt, dass der Bund seine Schutzpflichten ihnen gegenüber ungenügend wahrnehme und damit ihre Rechte verletze.

Nachtrag:
Konservative Kräfte in der Schweiz wollen das Urteil allerdings nicht akzeptieren oder respektieren.
S. nachstehend

"### SVP will aus Europarat austreten

Ganz anders tönt es auf bürgerlicher Seite: Für SVP-Nationalrat Mike Egger (31) ist das Urteil «lächerlich». Sein Fraktionskollege Christian Imark (42), derzeit Präsident der Umwelt- und Energiekommission, nennt es «anmassend». Die Schweiz sei auf gutem Weg. Sie habe zwar 2021 das CO2-Gesetz abgelehnt, aber dafür das Klimaschutz-Gesetz angenommen. «Gerichte haben Recht zu sprechen und nicht Politik zu machen», heisst es aus der Parteizentrale. Die SVP verurteile diese Einmischung fremder Richter aufs Schärfste und fordert den Austritt der Schweiz aus dem Europarat."

Mit dem Austritt aus dem Europarat würde zugleich die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) für die Schweiz ihre Gültigkeit verlieren und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinfällig werden.
Das zeigt, dass der Kampf um die erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen noch immer im Kern ein politischer ist. Urteile wie jetzt können zwar hilfreich sein, zumal dann, wenn sie gegen die konservativen Bremser ergehen. Weil Konservative nun mal von Erziehung und Grundeinstellung her einen quasi „natürlichen“ Hang zur Autoritätsgläubigkeit und -hörigkeit haben und so mit „unangenehmen“ Gerichtsurteilen (auch und gerade Gerichte sind ja Autoritäten) erst mal in auch innerliche Schwierigkeiten geraten.
Aber im Zweifel überwinden sie dann halt auch ihre „Beißhemmung“ gegenüber Autoritäten und folgen ihren harten Eigeninteressen. Notfalls verlässt man halt einfach das „Spielfeld“ (hier: den Europarat) und spielt nicht mehr mit.

man kann da auch ganz andere Fragen stellen:
Was kann ich noch alles einklagen mit dem Hinweis auf meine wirtschaftliche Zukunft und die meiner Kinder und Enkel?
Verbot der Waffenlieferungen an die Ukraine?
Verbot jeglicher Zuwanderung von Flüchtlingen?
Abschaffung des Asylrechts?
Abschaffung aller Sozialhilfeleistungen für Flüchtlinge?
Halbierung des Sozialhilfesatzes/Bürgergeldes?
Drakonische Strafen für die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen?

Wenn die AfD erstmal die Verfassungsrichter ernennt, können die Gerichte auf dieser Klaviatur völlig anders spielen als heute. Dann ist das Geschrei groß (undemokratisch, übergriffig), aber heute klatschen alle.

Da sind wir wieder an dem Punkt, dass Demokratie auf Voraussetzungen aufbaut, die sie selbst nicht herstellen kann - Du hast m.E. Recht - aber das ist nun mal so -
Man kann nur hoffen dass die, die das derzeit „richtig“ finden (und dazu gehöre ich diruchaus auch) sich dann, wenn das über die absolute Mehrheit der AFD irgendwann anders gestaltet wird, sich daran erinnern, und das auch in diesem Sinne „akzeptieren“ als Mehrheitsvotum - was nicht bedeutet, dadurch den Widerstand gegen solche Gesetze aufzugeben - aber wenn die Mehrheit zu Grunde gehen will - dann geht sie eben zu Grunde.

das mit der Unabhängigkeit der Richter sehe ich sowieso kritisch…
ich erinnere mich dunkel an einen gewissen Richter Schill aus Hamburg…
Der hat das Ansehen der Richter und Juristen ganz schön bekleckert.
Wobei Juristen generell keine Heiligen sind. Ich hatte mal in einer Studie gelesen, dass die Berufsgruppe der Juristen mit am stärksten von Alkoholabus betriffen sein soll. Ich kannte mal die Witwe eines solchen Anwaltes, der sich zum Schluß suizidierte… sein Sohn ebenfalls, 14 Tage nach seinem Afghanistan Einsatz. Aber das ist jetzt off topic

Besetzungsaffäre um grünen Minister – „Symptomatisch für eine tiefgreifende Justizkrise“ (msn.com)

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Das ist auch gut so. Wir leben schließlich in einer Demokratie und nicht in einer Judikratie.

Wieso nur der SeniorInnen? Warum nicht auch der Kinder? Und der Berufstätigen? Alle werden gleichermaßen unter dem Klimawandel leiden. Man könnte also sagen: Die Schweizer verletzen die Menschenrechte der Schweizer. Damit sind wir wieder beim Punkt: Es ist im Kern politisch.

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Ganz einfach: Die hatten nicht geklagt.

Wir sollten davon ausgehen, dass das im großen und Ganzen rel. gut funktionert - und nicht immer anhand von plakativen Einzelfällen das ganze System infrage stellen…
Schill hat für mich das Ansehen der Richter und Juristen erst einmal gar nicht verändert - er hat nur sich - und seine Partei - diskreditiert…

Wir sollten uns nicht auch medial manipulieren lassen - es ist schlimm genug, dass das zu viele Menschen betrifft!

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Die Frage war deutlich rhetorisch.

Schon klar.
Aber Gerichtsurteile ergehen und wirken nun mal grundsätzlich nur „inter partes“ - zwischen Kläger und Beklagtem (die Ausnahmen von dieser Regel lasse ich jetzt mal weg, soll keine Jura-Vorlesung werden).
Und deswegen hat das Gericht auch nur auf die verletzten Rechte der Klägerinnen abgestellt.
Deine politische Übertragung / Übersetzung auf die Allgemeinheit

bleibt unbenommen richtig. Aber eben nur politisch - ohne konkrete Rechtsansprüche daraus ableiten zu können.
Deswegen sollten wir Grünen uns ja auch auf die politische Auseinandersetzung konzentrieren. Wir sind ja schließlich auch eine Partei und keine Rechtsschutzversicherung,

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