Das Problem ist, dass derzeit ein „Fassung verlieren“ immer noch für die meisten ausgeschlossen erscheint, da die Bewertung der Folgen nicht wissenschaftsaffin sondern dem alltäglichen Erleben (dem die Verschlechterung eben aufgrund der zu langen Zeitspanne nicht wahrnimmt - ins alltägliche Leben nicht integiert) folgt - die meisten sehen sich bei immer öfter auch für sie eintretenden kleinen und großen Katastrophen nach wie von nicht als planende (Mit-)Täter sondern nach wie vor Opfer „widriger Umstände“, die dummerweise und völlig überraschend immer öfter auftreten - so lange sich daran nichts ändert, verliert ein großteil der Gesellschaft bestenfalls die Fassung ob so vielem zu erduldenden Pechs…
Aber in genau der Situation ist doch ein politisch nicht aktiver Normalbürger.
Was kann er denn schon machen? Ökostrom beziehen, e-Auto kaufen (nur die Hälfte kann sich das leisten) und vielleicht seine Hütte energetisch optimieren (wenn sie ihm gehört).
Der Rest sind doch Marginalien.
Er/Sie ist dann aber nicht unverschuldet in Not geraten sondern selbst verschuldet - das ist wie jemand, der keine Versicherung abschliesst, und sich im Schadensfall (bei dem es dann immer noch sein kann, dass die Versicherung nicht zahlt - z.B. weil sie gerade pleite gegangen ist) darüber beklagt, dass keiner für den Schaden aufkommen will im Gegensatz zum Nachbarn, der eine zahlende Versicherung hatte…
Da von „Pech gehabt“ zu sprechen ist eine Missachtung der Leute, die wirklich völlig unverschuldet Leid erdulden müssen…
Natürlich kann es auch dem politisch aktiven Bürger passieren, dass er „unverschuldet“ in Not gerät, weil die Regierung - in einer Demokratie im Idealfall also die Mehrheit - das eben so will und den Betreffenden durch Mehrheits-Entscheidungen (mit) ins Verderben reisst oder auch nur alleingelassen ins Verderben stürzt…
Der-/diejenige(n) können für sich dann ebenfalls vielleicht so etwas wie die Opferrolle für sich reklamieren - allerdings stelle ich - nicht zuletzt am eigenen Beispiel - immer wieder fest, dass die Frage i Raum steht, ob ich/wir politisch aktiven wirklich - gerade ob der Dinge, die da auf uns zukommen, wirklich nicht doch deutlich mehr tun können - oder vielleicht sogar viel mehr tun müssen…
Wenn ich mir überlege, was ich damals, als es direkt um mein Leben ging, unternommen habe, und was ich jetzt tue, wo es evtl. um den Artentod geht, stelle ich fest, das dazwischen leider Welten liegen…
Wer will denn freiwillig für sich die Opferrolle reklamieren?
Würde ich so nicht sagen.
In deinem Beispiel
könnte man zum Beispiel aus „Opfern“ Gewinner*innen machen, wenn sie an den Erträgen aus den Windrädern in ihrer unmittelbaren Umgebung beteiligt würden. Das würde ihnen sicher gefallen, und sie könnten es gar nicht erwarten, bis die endlich gebaut werden.
Der Strom würde dadurch nur nicht ganz so billig wie erhofft.
Ich hatte es anders gemeint: Wenn die Nachbarn Gewinne aus den WKA erzielen, verzichten sie leichter auf die 10H-Regelung.
Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen…
Ich bin allerdings kein Analytiker/Psychologe…
Das eine ist sicherlich die Erzeihung und das dort evtl. stattfindende Antrainieren dieser Rolle
das nächste ist (ebenfalls ziemlich sicher), das der Vorteil darin besteht, für die Gründe einer negativen Situation selber keine Verantwortugn übernehmen zu müssen, und all die negativen Emotionen auf andere Menschen/Umstände projezieren zu können…
Einfaches Beispiel: ich setze zum Überholen auf der Landstrasse an (ist für mich unverfänglich, weil ich gar kein Auto habe, aber ich kenne zumindest aus eigener Erfahrung das Szenario :-), sehe allerdings, dass sich ein entgegenkommendes Fahrzeug damit auf Kollisionskurs befindet, und beschwere mich nach dem Unfall hinterher, dass der nun wirklich hätte abbremsen können (was zugegeben nicht ganz falsch ist, aber die Ursache für den Unfall, der eindeutig durch mich verursacht wurde, da ich erst gar nicht hätte überholen dürfen, von mir ablenkt) - schlimmstenfalls fühle ich mich neben den Verletzungen auch noch zu unrecht verurteilt und - das eigentlich wichtigste - ich habe aus dem Unfall nichts gelernt, das dazu führen könnte, meinen Fahrstil anzupassen…
Diese Geisteshaltung, immer die anderen heranzuzitieren für Dinge, die ursächlich auf mich zurückgehen, trifft man im großen wie im Kleine leider immer nochzu oft - und sie lässt sich auch übertagen auch ganze Gesellschaften - was z.B: die Abhängigkeit von russischem Erdgas angeht, so wussten wir von der Struktur uns AUsrichtung der Russische Regierung unter Putin, die isch seit seinem Amtsantritt abzeichnete - wir haben trotzdem nichts gegen die Abhängigkeit von russischem Erdgas getan, und sind nun plötzlich „Opfer“ seiner Gasleiferungs-Bremsung - alles nur, weil wir kurzfristig davon möglichst viel profitieren wollten - wir kennen die Folgen des Klimawandels und wissen auch, dass wir viel zu wenig dagegen tun - nur um plützlich Opfer von Hitzesommern, Grundwaserabsenkungen etc. zu werden…
@anonymeNutzer
Das finde ich gerade nicht - wenn es darum geht, endlich in die aktive Täterrolle des Gestaltens zurückzufinden, die eigene Versäumnisse/Verantwortungen schonungslos (als verursachende Täter) anzuerkennen und zu begreifen, wie notwendig es ist, endlich genügend gegen all diese Dinge aktiv zu tun - auch wenn wir, nachdem wir den Laden 40 oder mehr Jahre nun schon konsequent gegen die Wand gefahren haben, ein paar Jahrzehnte des deutlichen wirtschaftlichen Rückschritts brauchen werden, bis wir vielleicht Ausblick auf eine erneute Verbesserung haben, dannmüssen wir alle unsere Opferrolle im Sinne „man kann leider gar nichts machen“ verlassen hin zu dem Aufbruch des „lasst es uns wieder aktiv gestalten“…
Opferrolle heißt genau dies: wir streiten uns um Nebensächlichkeiten der Inflation, weil wir gegen den Zusammenbruch der Biospäre doch nichts machen können - das ist falsch denn wir haben den Klimawandel verursacht - also können wir ihn auch bekämpfen - auch wenn dadurch die Inflation noch weiter steigt oder wir unseren Wohlstand komplett einbüßen - lieber den Wohlstand ad acta legen und für das Überleben kämpfen, als den Wohlstand etwas zu verlängern, und damit Auszusterben…
Aber ich kann mir gut vorstellen, wie das läuft - in Bezug auf die Umwelt und das Überleben pilgern wirr nach Lourdes, und hoffen auf eine göttliche Lösung (wiel wir nichts machen können), aber dafür behalten wir alle unsere Jobs und können uns den nächsten Auslandsurlaub leisten - im wichtigen den Kopf einziehen, um unwesentliches zu retten (das ist für mich gesellschaftspolitische Opferrolle)
(*) Ich weiß natürlich dass das eine etwas grobe und vielleicht dramatisierende Darstellung war - aber mir fehlt die Aufbruchs-(Täter)-Stimmung des „wir tun jetzt mal genügend, damit es dann irgendwann besser wird - lasst es uns jetzt angehen“…
Interessante Denkweise, aber trotzdem verstehe ich nicht, wie man sich die freiwillig aussucht.
Mir ist es wesentlich angenehmer, als stakeholder in eine Verhandlung zu gehen und dann Kompromisse zu finden.
Verstehen tue ich das schon (übrigens gilt das manchmal auch für „Kompromisse“ - da habe ich auch schon manchmal erlebt, dass man den „schließen musste, weil der (böse?!) andere zu keinen weiteren Konzessionen bereit war“ - was nichts anderes bedeutet, den Kompromiss einzugehen, weil ich/wir lieber zu wenig tun (aus eigener Sicht), als gar nichts umzusetzen - es liegt also wieder primär zumindest rhetorisch(?!) am anderen, und nicht an einem selber - wie im Beispiel mit dem entgegenkommenden Fahrzeug, das doch nur hätte abbremsen müssen) - ich teile diese Denkweise nur nicht - wir sollten das aber pro konkretem Beispiel weiterdiskutieren…
Nehmen wir mal das Beispiel Klimawandel.
Man könnte einen Kompromiss zwischen älterer und jüngerer Generation aushandeln, sozusagen einen neuen Generationenvertrag, der den bestehenden ablöst.
Der bestehende Vertrag beruht auf der Prämisse, dass, wer sein Leben lang schwer für die nachfolgende Generation gearbeitet hat, von der jungen Generation im Alter bezahlt wird, je mehr er/sie gearbeitet hat, um so reicher belohnt im Alter.
Ein neuer Generationenvertrag könnte zum Beispiel ein Versprechen der Jungen an die Alten beinhalten: „Wir kümmern uns um euch, und euch soll es nicht schlechter gehen als uns selbst“.
Die Alten versprechen dann: „Wir tun alles, was wir können, um euch die Welt in einem lebenswerten Zustand zu hinterlassen, obwohl wir es nicht müssten.“
Grundsätzlich gute Idee. Man müsste versuchen das in einen administrativen/rechtlichen Rahmen zu fassen. Ich habe meine Zweifel, ob wir die richtig krassen, großen Veränderungen mit der jetzigen Form der Demokratie hinbekommen. In Deutschland funktioniert das sogar noch ganz gut, aber es gibt demokratische Staaten, deren Modelle kaum geeignet sind, weil sie eine ausgewogene Partizipation verschiedener Gruppen in Koalitionen (im Wortsinne, nicht nur politisch) kaum ermöglichen. Viele basieren auf einem Dualismus (z.B. Mehrheitswahlrecht bei Mandatsvergabe) weil man früher davon ausging, dass der regelmäßige Machtwechsel von der einen Machtgruppe zur anderen genügend Veränderung einerseits und Kontinuität andererseits gewährleisten würde. Ich glaube, wir müssten Demokratie weiterentwickeln, was brutal schwer ist, weil wir die Veränderung ja logischerweise nur aus unserem Verfassungsrahmen heraus bewerkstelligen können. D.h., ich brauche erst ein mal eine Mehrheit und die meisten Menschen sind eher konservativ (im Wortsinne) und werden ihre Besitzstände nicht aufgeben.
Da ein solches Modell sehr unrealistisch ist, bleibt - leider - als Motor der Entwicklung nur jener [das ist falsch, es gibt noch andere Möglichkeiten, Beitrag kommt später…], der auch in der Vergangenheit „zuverlässig“ funktioniert hat: Die Krise und die Katastrophe. Erst in der Krise entwickeln die Menschen notgedrungen Ideen, diese kurz- und manchmal auch langfristig zu lösen. Manchmal geht der Schuss aber auch nach hinten los…
Man könnte zynisch sagen: Was am besten gewirkt hätte, um bereits sehr früh einen Atomausstieg einzuleiten, wäre ein GAU gewesen. Anstatt 1980 auf einen gigantischen Wahlerfolg der Grünen oder politische/wirtschaftliche Einsicht der übrigen Parteien zu hoffen, hätte man flehen müssen: „Bitte, bitte, oh Allmächtiger, schenk uns eine nukleare Katastrophe…! Nein, besser gleich zwei, eine bei uns und eine in Frankreich, bitte möglichst nah an einer Großstadt!“
Wer also die 3-4°-Erwärmung im Jahr 2100 nicht haben will (da sind wir alle schon lange tot, also who cares?), sollte sich JETZT (in den nächsten 2-3 Jahren) so richtig krasse Sturm- und Sturzfluten, Hungersnöte, Waldbrände und noch ein paar Ereignisse aus dem Schreckenskabinett des Klimawandels wünschen. Idealerweise solche, die zwar mega-schlimm sind, aber reversibel. Machen und wünschen sind bekanntlich zwei unterschiedliche Dinge, aber nehmt es GRÜNEN nicht übel, die sich eine Ahrtalkatastrophe im Quadrat von nun an jedes Jahr 3x für Europa WÜNSCHEN. Jedes Jahr 5.000 Unwettertote in Europa, schön verteilt [sorry, ich glaube wir brauchen eher 1. mio Unwettertote weltweit und jährlich…]. Bis es eine genügend große Anzahl Menschen es checkt. Die Bilanz sind dann Schäden und Todesopfer in abartiger Höhe für 20 Jahre, die aber in der Langzeitwirkung Millionen oder Milliarden Tote, Vertriebene, Flüchtende und nicht bezifferbare Schäden in der fernen Zukunft verhindern.
Ich finde diese Aussicht auch Scheiße, aber seien wir mal nicht so egoistisch sondern denken an die nachfolgenden Generationen… Deshalb ab sofort bitte:
- Richtig fett heizen (damit der Gasversorgungs-Engpass auch wirklich kommt!)
- Viel fliegen, dickere Autos kaufen, Fahrrad abschaffen (damit die Klima-Katastrophe schneller sichtbar wird!)
- Nur noch die schäbigsten Lebensmittel in viel Plastik kaufen (damit der Müll-Kollaps auch wirklich bei uns ankommt! und diese Landwirtschaftspolitik richtig abkackt! [oder heißt es „abjaucht“?]
- Auf keinen Fall mehr Angehörige pflegen (damit dieses Pflegesystem schneller kollabiert!)
- bei JEDEM Wehwehchen mindestens 2 verschiedene Hausärzte + 2 Fachärzte konsultieren (damit dieses Gesundheitssystem endlich zusammenbricht)
- zusätzlichen Wohnraum anmieten und leerstehen lassen (Soll: min. 90 qm je Ew.), Bauland auf keinen Fall bebauen und Altbauten und Sanierungsfälle (wie hässlich!) bitte abreißen (damit uns dieses Wohn- und Grundeigentumssystem endlich auf die Füße fällt!)
Ihr habt sicher auch noch ein paar gute Vorschläge für Maßnahmen, damit wir da und dort die kontrollierbaren „Kataströphchen“ schneller erreichen, um die wahren Katastrophen der Zukunft zu verhindern
Das Schlimme ist: Diese „Phantasien“ haben leider einen sehr wahren Kern… Versteht ihr, wieso manchmal alte Menschen sagen (oder man es ihnen gerne in den Mund leget): „Wenn mal wieder Krieg wäre, dann würde es ganz anders abgehen…“ mit dem schnell folgenden Satz „das meine ich natürlich nicht wirklich…“
So ähnliche Gedanken hab ich manchmal auch schon gehabt. Allerdings has tu einen kleinen Fehler gemacht, es gibt weltweit schon eine Milion tote durch das Klima und es passiert immer noch nix. Es kann nur eine Lösung geben, die Politik zun handeln zwingen! Und noch was, die Verursacher solle nden Schaden auskosten.
Warum sollten reiche Rentner wenns zur Rentenerhöhung kommt, mehr Rente bekommen? Diese wohlhabenden Rentner sind eher die Verursacher der heutigen Situation. Ach ja, und die Reichen allgemein im Sinne von Millardären sind die Hauptverantwortlichen. Diese haben mit iher Lobbyarbeit die Wirtschaft hinsichtlich Nachhhaltigkeit weltweit komplett gekapert. Und Millardäre sollte es künftig gar keine mehr geben!
So viel geld läst sich nur auf kosten anderer Verdienen… Das erkennt man daran, dass kaum ein bahnbrechender Erfinder wirklich so reich wird… Es msus also mal genauer geklärt werden woher der Reichtum der Millardäre stammt… und diesen abschöpfen…
Ich würde die gerne mal duch eine Vermögensprüfung mit der pingeligkeit wie beim Harz 4 jagen, hmm mal sehen was die alles so eher durch Lobbyarbeit oder Ausbeutung statt wirklichem Erfolg verdient haben. .da gibt es schon lange eine Art Übergewinn Problem… Und die Steuerflucht nicht vergessen… Dan bekommt man das nötige Geld für die Energiewende. Die heillige Kuh dieser Superreichen muss halt geschlachtet werden und fein zerteilt werden damit diese effektiv zur Lösung des Problems beiträgt! Die ist eigentlich weniger Wert als das überleben der Menscheit die gerade fleißig dabei ist sich selbst zu zerstören…
Eine schrecklich wahre Analyse.
Trotzdem bin ich eher der Typ, der die Ärmel hochkrempeln und Lösungen schaffen will. Allerdings schwindet bei mir die Hoffnung, dass das in unserem Politiksystem überhaupt möglich ist. Zumindest habe ich noch nicht die richtigen Hebel gefunden
@spielem0
Ich habe lange auch mit solchem Gedankengut meine ohnmächtige Wut gegenüber der „Ignoranz der Mehrheit“ bekämpft (ich kann diesen Impuls daher extrem gut nachvollziehen!) - nicht zuletzt durch die Dialoge hier* - habe ich zu akzeptieren gelernt, dass das in letzter Konsequenz zu zynisch/kontraproduktiv ist, um damit etwas zu verändern…
Ich weiss auch nicht, ob es wirklich schon an der Zeit ist, das demokratische System infrage zu stellen - die Frage ist für mich eher, wie wir die Menschen mitznehmen in der Lage sind, damit sie die Aufbruchsstimmung entwickeln, und nicht konservativ bleiben - die Möglichkeit, die Du da beschreibst ist die Weiterentwicklung durch Leid (ein unzweifelbar effektiver Mechanismus, der aber genau mit Leid verbunden ist) - im übrigen ist unklar, ob das wirklich zur Weiterentwicklung oder doch nur zu einem bescheunigten Zerfall führt…
Auf zu viel Einsicht sollten wir aber auch nicht setzen, da wir an der Stelle dafür wahrscheinlich nicht das richtige Denkorgan haben…
Der Ansatz könnte also in einem deutlich erhöhten empathischen miteinander liegen, der z.B. in einem geänderten Gesellschaftsverständis mündet (s. z.B. der Idee von @Biologin eines geänderten Generationnenvertrags…
Hier sind vor allem die gefordert, die das Scheitern der bisherigen Konzepte durchschaut haben und für ihr Umfeld eine Stütze sein könnnen/müssen…
Dazu braucht es streng genommen nicht einmal einen parteipolitischen Ansatz (zumindmest nicht in einem ersten Schritt) sondern nur genügend, die empathisch und authentisch immer und immer wieder die Mitmenschen ermuntern - im Grunde ist Greta ein gelungenes Beispiel dafür - auch wenn man nicht alles unreflektiert gut finden muss, so zeigt das Beispiel, wie aus einzelnen AkteurInnen ganze Bewegungen entstehen könnnen…
Gute Punkt. Ich fürchte aber, dass es den erhofften Hebel nicht gibt. Das system ist das Problem, es muss verändert werden also das Demokratiesystem muss verbessert werden mit einer verbesserung des Verhältniswahlrechts wie es bei uns üblich ist, so dass Politiker eher nach Kompetenz und nicht nach Parteizugehörigkeit gewählt werden.
Das meine ich so, das dies bedeutet, wenn eine Patei einen Politiker hat, der mit für die Lösung eines bestimmten Problems geeignet scheint, so kann er trotztem für einen bestimmte Aufgabe gewählt werden ach wenn mir die Partei, zu der der Politiker gehört gar nicht gefällt. Das heißt das bisherige system muss sinnvoll verfeinert werden. Dan hat man mehere Stimmen pro Wahl. Eine Stimme für die Partei, eine Stimme für das Direktmandat und eine Stimme für eine Person, die ich unabhängig davon für eine bestimmte Aufgabe für geeignet halte, also wen ich als Wirtschaftsminister, als gesundheitsminister oder Außenminister und als Bildungsminister für geeignet halte. So für die wichtigsten Ministerien. das gleiche für die Landtagswahl für die Länderministerien… Dies verhindert , dass so ein Populist wie Söder sich wichtige Ministerien schnappen kann nur weil seine Partei eigentlich nur in Bayern stark ist… Ich hab Söder nie gewählt und kann den als Saarlaänder logischerweise auch weder wählen noch abwählen…
Ja. Beschäftige Dich mal mit Liquid Democracy. Das geht in genau die Richtung.
Macht Sinn werde ich tun, aber heute nicht mehr, es ist mir jetzt zu spät dazu. Danke für den Hinweis.
Diese Typen haben wir in diesem Forum vermutlich mehrheitlich, ich zähle mich auch dazu. Du erwähnst richtig den „fehlenden Hebel“, den ich in anderer Form beschrieben habe. Etwas anders ausgedrückt. Die meisten „Hebel“ sind bereits gedacht und skizziert, es gibt bereits massig Ansätze von vielerlei Seiten, wie man Demokratien und damit Entscheidungsfindung optimieren könnte. Die jeweiligen Probleme dieser Ideen sind m.E. nur nebensächlich, das Hauptproblem ist, dass du jene zu Änderungen im System bewegen musst, die von dieser bestehenden Struktur profitieren. Wenn ich diese Probleme in anderen Ländern sehe bin ich schon „froh“, wie „gut“ das in Deutschland schon funktioniert.
Bsp. 1: Ich habe relativ viele Bezüge zu Frankreich und kenne das dortige politische System ziemlich gut. Ich habe mehrfach schon Franzosen gefragt, ob denn das herumdoktern an Symptomen überhaupt noch viel bringe, ob man nicht vielmehr eine neue, VI. Republik bräuchte (die aktuelle Regierungsform wird als die V. bezeichnet) um z.B. die Machtfülle der PräsidentIn zu beschneiden oder föderale Strukturen zu fördern. Dafür ernte ich oft Zustimmung, bei Präsidentschaftswahlen spricht sich meist eine der vielen KandidatInnen dafür aus (zuletzt Mélenchon, dem ich null über den Weg traue…). Aber fast alle Befragten sind sich sicher: Sobald Mélenchon oder sonst wer die Wahl gewinnen würde, würde er mit Verweis auf die Notwendigkeit, mit dieser Machtfülle endlich die nötigen Reformen und gesellschaftlichen Veränderungen voranzubringen, auf eine Reform verzichten oder eher „pro Forma“ an einer VI. Republik arbeiten. Es gibt ein winziges Zeitfenster, in dem das halbwegs realistisch ist, nämlich dann, wenn eine PräsidentIn gegen Ende ihrer zweiten Amtszeit eine Weichenstellung für die Zukunft vornehmen möchte. D.h., Macron könnte einen solchen Umbau einleiten schon alleine um die Macht einer nachfolgenden Präsidentin vom radikalen rechten oder linken Rand zu beschränken. Deren potentielle KandidatInnen werden - wenn die Umfragen günstig stehen - genug Gründe finden, eine solche Reform zu verhindern.
Bsp. 2: Unabhängigkeit Kataloniens: Dazu habe ich gerade eine sehr interessante Aufsatzsammlung gelesen. Mit am spannendsten finde ich jenen Teil, wo es um die Verfassungsmäßigkeit geht. Denn wenn ein Austritt Kataloniens an der Verfassung scheitert sagen z.B. wir Deutsche: Mensch, dann ändert doch eure Verfassung, wir nehmen in D. auch regelmäßig Veränderungen am GG vor. Die spanische Republik hat aber so krasse Hürden für Verfassungsänderungen in ihre Verfassung eingebaut (nicht in Hinblick auf Unabhängigkeitsbestrebungen, sondern generell), dass eine solche zwar dejure möglich, aber defacto unmöglich ist.
Drei Bsp. aus Deutschland, wo wie Verändern könnten:
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Ich bin dafür, die 5%-Hürde auf irgend etwas zwischen 1 und 3% abzusenken. Lange hätten Grüne und FDP, aber natürlich auch rechte Parteien, davon profitieren können. Unabhängig von der Partei finde ich es gut, wenn möglichst viele Strömungen, die in Deutschland relevant sind (1% = 800.000 Menschen) im Parlament vertreten sind, zumal 1% sogar in Abgeordnetenzahlen gut abgebildet werden können (bei einem Bundestag von angenommenen 800 Mitgliedern wären es 1 Abgeordnete je 100.000 Ew., bei 1% Stimmanteil also acht, bei 400 Mitgliedern vier). Wir alle kennen die Gründe für die recht hohe Hürde, u.A. wird immer wieder die Erfahrungen der Weimarer Republik genannt. Ich glaube nicht, dass man eine Mehrheit von B90/GRÜNE aktuell dazu gewinnen kann, die Hürde auf 3% zu senken, solange man selbst nicht so häufig betroffen und sie hilfreich ist, AfD und FDP aus den Parlamenten zu halten…
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Franktionszwang: Hier ist das Absurde, dass es den dejure gar nicht gibt, defacto aber sehr wohl. Ist auch eine super Ausrede für Abgeordnete, die sich nicht positionieren müssen und sich dann im Heimatwahlkreis darauf berufen können, dass sie ja dem Fraktionszwang unterlegen hätten. Weil kaum jemand sich der fraktionsinternen Isolation und Anfeindung aussetzen will - und trotzdem tun das vereinzelt immer wieder mal Abgeordnete. Ähnlich wie bei Antidiskriminierungs-, Gleichstellungs- oder Betriebsverfassungsgesetz in anderen Aspekten müsste man stattdessen rechtlich verbieten, dass solcher Druck auf Abgeordnete ausgeübt werden darf.
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Disfunktionale Kommunalparlamente: Wenn man sich die Kommunalverfassung mal auf der Zunge zergehen lässt (z.B. wie bei mir in BaWü), kommst du zu dem Schluss, dass nahezu 100% aller Gemeindegremien ihrer Pflicht nicht nachkommen und verfassungswidrig arbeiten - nicht dejure, aber defacto. Denn die Gründungseltern dieser Gesetze hatten eigentlich ein hohes Ideal: Der Gemeinderat bestimmt die Politik, „bestellt“ also, und die Verwaltung ist der „Dienstleister“ der den politischen Willen auszuführen hat. In der Ausführung hat die Verwaltung mit den BürgermeisterInnen an der Spitze auch große Handlungsspielräume. Und natürlich soll die Verwaltung auch beraten, intervenieren und widersprechen, allen voran mit dem OB als Chef der Verwaltung und Mitglied des Gemeinderates. In der Praxis sieht es jedoch so aus, dass v.a. in kleinen und mittleren Kommunen die Verwaltung die allermeisten Anträge einbringt (oder einbringen lässt…) und die Fraktionen dann hier und da noch etwas anpassen können. Wie es zu dieser Verschiebung der Macht zwischen GR und Verwaltung gekommen ist, darüber kann man lange diskutieren. Selbstverständlich sind normale GR-Mitglieder mit der Komplexität vieler Themen und auch zeitlich völlig überfordert.
Nur drei Felder mit Handlungsbedarf hinsichtlich „Demokratie verbessern“. Nur: wie kriegst du eine Mehrheit für die Änderung dieser Systemfehler zusammen? Auch für eine GRÜNE OB sind Strukturen gut, bei denen sie möglichst ungestört vom GR durchregieren kann.
Danke dir, auf diesen Einwand und offensichtlichen Widerspruch habe ich gehofft! Die Psychologie (ich nicht) kann gut erklären woran es liegt, dass wir so differenziert betrachten und empfinden. Der Umstand, dass Flugzeugopfer immer geballt und zu hunderten entstehen hat zu einem sehr sicheren Verkehrsmittel geführt. Irgend jemand hat mal gesagt: Wenn alle Toten des Straßenverkehrs geballt auftreten würden, z.B. 10 Unfälle im Jahr mit jeweils 300 Toten, bestünde die Chance, dass sich einiges ändert. Wenn z.B. zwei dieser zehn Unfälle auf Alkoholeinwirkung und zwei weitere auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen wären.
Deshalb müssen die „Ahrtaltoten“ natürlich auch in einem singulären Ereignis zustande kommen, für das man den Klimawandel mitverantwortlich macht. Schön gleichmäßig verteilt auf die Republik (hier mal einer ertrunken, dort mal jemand vom Baum erschlagen) bringt das nahezu nichts.
Und auf die Klimatoten weltweit bezogen: Solange es nicht „unsere“ sind, wenn juckt’s?
zu Deinen 3 exemplarischen Punkten:
zu 1) 5%-Hürde - zugegeben, die 5 % sind willkürlich - ich bin aber zumindest ein Verfechter dieser Hürde an sich - ist sie zu hoch, haben wir ganz schnell Parlamente, die zunehmend - insbesondere in Krisenzeiten - unregierbar werden (das ist nicht nur eine Lehre aus der Weimarer Republik, sondern auch mit Blick auf Länder, die keine Hürde haben) - ich sehe nicht, warum 3 % besser als 5 % sein sollte - so viel mehr Parteien werden deswegen nicht im Parlament sein - aber dafür wird die Regierungsbildung überproportional schwerer (es sei denn, man ist ein Freund von GroKo’s…
zu 2) „Fraktionszwang“ - zum einen ist das wohl, was ich so gehört habe, in einigen Fällen für die Fraktionsspitze durchaus schwer, die „Fraktionsdisziplin“ hinzubekommen - zum zweiten erwarten Wähler durchaus zu Recht, dass Abstimmungen sich möglichst nahe an Partei- und Wahlprogrammen orientieren - wenn wir also eine echte reine Gewissensentscheidung für beliebige Abstimmungen akzeptieren, dann wird aus den Parteien nur noch Strukturen, die sich auf die Organisation von Volksbegehren und Wahlkämpfe und nicht auf programmatische Lösungsansätze für gesellschaftliche Fragestellungen kümmert
zu 3) Den Punkt teile ich (analog dazu gilt das selbstredend auch für die Bundesregierung), die eigentlich „Nur Umsetzer“ und nicht Initiatoren sein sollten (noch schlimmer sieht es im Europaparlament aus)
Die Frage ist tatsächlich, wie wir Mehrheiten für Korrekturen der Missstände in unseres demokratischen Systems (sei es nun die genannten oder viele andere) - das liegt vielleicht daran, dass diejenigen, die davon profitieren, diese Änderungen zu verhindern suchen - allerdings sei gesagt, dass - wenn die Profiteure in der Mehrheit sind, kein Handlungsbedarf in der Demokratie zu erkennen wäre - und wenn dem nicht so ist, so wäre es das Privileg der Mehrheit, diese aus dem System - zumindest als Entscheidungsträger - zu entfernen…
Das ist für mich auch so ein ganz zentraler Punkt, der alles andere als nebensächlich ist, und um den sich unbedingt zu streiten lohnt: wie steigern wir das Engagement der (basis-)demokratischen Kräfte, sich genügend Hintergrundwissen über Fach- aber auch strukturelle Themen anzueignen, um dann in einem 2ten Schritt endlich zumindest von eben jenem demokratischen Recht, Entscheidungsträger abzuwählen, Gebrauch zu machen…???
Wenn ich mich umhöre, so stelle ich oft fest (nicht repräsentativ!), dass die mangelnde Zeit eine der meistgenannten Gründe sind…
Wenn aber für Dinge, die sooo wichtig sind, dass wir hier in existentielle Probleme reinlaufen, aber anderseits keine Zeit da ist, sich damit „angemessen“ (in oberen Sinne) zu beschäftigen, muss die Frage erlaubt sein, ob das nicht ein fundamentaler Widerspruch ist!!! Scheinbar fürchten wir uns vor dem falschen - wir machen uns mehr Sorgen/Gedanken um die Inflation - oder (noch schlimmer) um den nächsten Urlaub - als um die Besetzung unserer Parlamente und damit indirekt um die real drohende Unbewohnbarkeit des Planeten, dessen Lösung wir genau von diesen Parlamentariern erwarten…