Das 9,- EUR-Ticket war Teil des Entlastungspaket (s. wikipedia) - genau so habe ich es empfunden. Das Lockangebot für eine ökologische Alternative war ein erwünschter Nebeneffekt. Meine Frau und ich haben im Jahr etwa Kosten für Abokarten in Höhe von etwas über 1.600,- EUR, also ca. 135 EUR/Monat oder 405,- EUR für 3 Monate, die Kosten für diesen Zeitraum fielen durch das 9,–EUR-Ticket auf 2x3x9= 54,- EUR. Da wir zu dieser Zeit auch zu einer Hochzeit nach Hamburg mussten haben wir dort geschätzte 40,- EUR für ÖPNV gespart. Gesamtersparnis: ca. 390,- EUR - angesichts unseres Einkommens viel Geld!
Jetzt vom 9,- EUR-Ticket zum 49,- EUR-Ticket: Kosten für meine Frau und mich zusammen 100,- EUR/Monat = 1.200,- EUR/Jahr. Ersparnis 400,- EUR plus alle weiteren Ausgaben für ÖPNV in D. Das können in 2023 200,-, aber auch 500,- EUR werden.
Es wird viel über die denn Sinn und Unsinn von Entlastungen geredet, z.B. bei der Gestaltung des Gaspreisdeckels. Hier haben wir eine Entlastung, von der viele Gering- und Mittelverdiener profitieren KÖNNEN. Ja, AUCH Großverdiener können davon profitieren, aber eine GroßverdienerIn kann auch nur von einem Ticket profitieren, wohingegen sie beim Gaspreisdeckel, einer veränderten Km-Pauschale oder einer Ust.-Senkung von 19% auf 7% in Summe mehr profitiert, da sie i.d.R. deutlich höhere Verbrauche/Fahrtstrecken haben. Und das Gute: Der Profit entsteht nur, wenn sie ein ökologisch vorteilhaftes Verkehrsmittel benutzt. Wenn man stattdessen jeder BürgerIn 3x 50,- EUR in die Hand gedrückt hättest, dann hätte die eine das in Bier umgesetzt, die nächste im Kino, die dritte im Tank und die vierte vielleicht in eine Monatsfahrkarte. Wo ist also das Problem?
Der Eingang des Threads geht - interpretiere ich dich richtig? - in die Richtung: Was für eine Geldverschwendung, mit 1,5 Mrd hätte man etwas Besseres machen können. Z.B. besseren ÖPNV. Aber viele Menschen wie ich sparen NICHTS (wie gesagt: Entlastungspaket), wenn auf meiner Pendelstrecke statt 2 nun 3 Züge je Stunde fahren, wieder ein einsames Dorf an eine Buslinie angeschlossen oder eine Strecke elektrifiziert wird. Gegen all’ dies ist gar nichts einzuwenden, aber du attackierst eine Maßnahme deren Funktion nicht in erster Linie darin Bestand, die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern. Wir verdanken dem 9,- EUR-Ticket - bei allem Chaos - die Diskussion um einen günstigen ÖPNV, denn jetzt haben alle gesehen: Wenn ÖPNV günstig ist, wird er benutzt, sogar wenn er beschissen organisiert und überfüllt ist! Völlig unabhängig davon, ob die Leute ihn zur Arbeit, für Urlaub oder Ausflüge benutzen (demnächst: Weil der Zug beheizt ist und ich dort gemütlicher lesen und Musik hören kann als in meiner kalten Wohnung… ). Wenn ihn also demnächst viel mehr Menschen benutzen (gib’ der Inflation und Energiekrise noch etwas Zeit…) wird der Druck auf die Landesregierungen, diesen „beschissenen“ ÖPNV mal vernünftig auszubauen, einfach unglaublich wachsen.
Edit vom 21.10.: Nicht mal unsere eigenen Transportkosten habe ich genau im Blick… Die Steuererklärung hat mich eines Besseren belehrt: Unsere jährlichen Kosten liegen nicht bei ca. 1.600,- sondern sogar bei 2.232,- EUR im Jahr = 186,20 monatlich. Die Ersparnis durch das 49,- EUR-Ticket beträgt also 88,20 EUR/Monat = 1058,- EUR/Jahr - dies nur für die Wege zur Arbeit. Wir werden sicher noch ein paar hundert EUR für Reise-/Ausflugsverkehr sparen, in Summe also erheblich.